Jana Lena Jünger ist im Projekt eTeam Digitalisierung im ZfW tätig und studiert Geschichte und Erziehungswissenschaft im 2-Fach B.A.

Dr. Meret Strothmann ist in der Alten Geschichte mit den Schwerpunkten Römische Geschichte tätig und interessiert an Fragen von Kultur und römischer Religion, sie koordiniert seit dem Wintersemester 2003/04 die Integrierten Proseminare (IPS) am Historischen Institut und engagiert sich aktuell bei Digitalisierungsprojekten zur Unterstützung der Proseminare.

Der Rückblick einer Geschichtsdozentin und ihres Teams auf die Neugestaltung des „Integrierten Proseminars“

In diesem Blogbeitrag schauen Dr. Meret Strothmann und Jana Lena Jünger aus zwei verschiedenen und letztlich doch aus einer vereinten Perspektive darauf, was die Corona-Situation für das „Integrierte Proseminar“ (ein Seminar für Erstsemester der Geschichtswissenschaft), kurz bekannt als „IPS“, des Historischen Instituts der RUB bedeutete und wie das Seminar durch digitale Konzepte in den virtuellen Lehrraum übertragen wurde.

Ausgangslage
Seit nun mehr als 50 Jahren nehmen in jedem Sommersemester rund 150 und im Wintersemester etwa 350 Studierende das Geschichtsstudium an der RUB auf und werden damit Teil des IPS. Innerhalb der ersten beiden Semester gewinnen die Studienanfänger*innen einen ersten Eindruck der Epochen Alte Geschichte, Mittelalter und Neuzeit. Dabei werden sie neben zahlreichen Lehrenden auch von verschiedenen Studierenden höherer Semester begleitet, die als Tutoren*innen bei den ersten beiden Semestern der Studienanfänger*innen unterstützen.

2020 wollten wir nun also ein Jubiläum feiern: 50 Jahre Erfolgsmodell Integriertes Proseminar (IPS) an der RUB und dann das: Corona verhinderte einen Präsenzunterricht auf dem Campus. Im Sommersemester 2020 nahmen 150 Erstis ihr Studium im Fach Geschichte an der RUB auf. Aber es war unmöglich, ihnen die gewohnt persönliche Begleitung in das Studium zu ermöglichen.

Und plötzlich war alles anders

Erstmalig seit 50 Jahren stand nach vielen Gesprächen und Überlegungen fest, dass der Start der neuen Gruppen vom Sommersemester 2020 in das Wintersemester 2020/2021 verlegt werden musste – auch wenn wir bereits wussten, dass dann nicht allein die 150 Anfänger*innen aus dem Sommersemester, sondern der Normalbetrieb mit weiteren 350 Studienanfänger*innen im Wintersemester aufzufangen sein würde.

Lösungsidee: Hybridsemester

In der Planung für das Wintersemester 20/21 erhoffte man sich Uni-seitig die Durchführung von eingeschränkten Präsenzveranstaltungen, vor allem für Erstsemester. Das IPS-Kollegen*innenteam gestaltete also Konzepte und Ideen, um Hybridlehrszenarios anzubieten, also einer Liveübertragung einer Präsenzveranstaltung via Zoom oder anderer Software. Wir entwarfen Modelle der Teilpräsenz und des Live-Streamings und gestalteten die Inhalte entsprechend.

Alles wieder auf Anfang

Der Semesterstart für den Winter wurde zwar in den November verschoben, aber die Vorbereitungszeit für die sehr arbeitsintensiven Seminare war nun denkbar knapp. Ein Kreis von Kolleg*innen war schon seit September als „IPS Task Force“ damit befasst, die drängendsten Probleme anzugehen. Es bildete sich ad hoc ein Team aus dem Kolleg*innenkreis in dem vorausschauend schon das Konzept von Selbstlerneinheiten für die propädeutischen Blöcke der IPSe geplant sowie inhaltlich und technisch umgesetzt wurde.

Unter anderem fanden in diesem Kontext verschiedene Moodle-Tools Anwendung. Hier gilt es bspw. die Software H5P zu erwähnen: Mit ihr lassen sich interaktive Online-Lerneinheiten gestalten. Bei unseren erstellten Einheiten sollten sich die Studierenden nicht nur ein Video ansehen, ihre Mitarbeit ist ebenfalls gefragt, da das Video anhält und erst weiterläuft, wenn eine Frage beantwortet wird. In unserem konkreten Fall ist ein Rundgang durch die Historische Bibliothek als Film gedreht und anschließend in .

Mit außerordentlichem Engagement wurden alle Selbstlerneinheiten nach und nach fertiggestellt und in Moodle implementiert. Ehrlich gesagt: Wir sind auch jetzt noch dabei – vereint arbeiten die Beteiligten daran, die digitalen Selbstlerneinheiten fertigzustellen.

IPS-Transformation: Von traditioneller Präsenzlehre zu reiner Online-Lehre

Das Wintersemester startete und es wurde immer klarer, dass pandemiebedingt keine, auch keine eingeschränkte Präsenzlehre, an Universitäten stattfinden kann. Daher mussten auch alle unsere Anfänger*innengruppen in den vollständigen Online-Modus verlegt werden. Dies betraf insgesamt 17 Seminargruppen mit rund 550 Studienanfänger*innen. An jede Gruppe eng angelehnt finden zwei begleitende Tutorien statt, die nun auch komplett online über Zoom stattfinden. Wie gut, dass viele Selbstlerneinheiten bereits fertig entworfen waren und beim IPS-Start Anfang November zum Einsatz kommen konnten.

Sitzungen über Zoom stellen andere und neue Anforderungen an die Beteiligten, so dass hier auch die Formen der Leistungsnachweise angepasst werden mussten. Hier haben wir kreative und aktive Formate finden können. Zum Beispiel die Gestaltung von Referaten in PowerPoint mit unterlegten Audiospuren, die während einer Zoom-Sitzung allen Teilnehmer*innen gezeigt wurden und im Anschluss daran direkt kommentiert. Ebenso Peer-Review-Verfahren sowie das Aufgaben-Tool unserer Lernplattform Moodle konnten vor allem im Rahmen der begleitenden Tutorien Anwendung finden.

Aber auch die Wahl einer der beiden angebotenen Tutoriumstermine eines jeden IPS, welche von den Studienanfängern*innen während der ersten Sitzung im Semester gewählt werden, ist in diesem besonderen Semester dank eines Abstimmungstools in Moodle sogar viel schneller und unkomplizierter im Gegensatz zum Präsenz-IPS verlaufen.

Was charakterisiert das IPS?

Während des Verfassens dieses Blogbeitrags, fragten wir uns, was eigentlich das IPS seit rund einem halben Jahrhundert charakterisiert? Schnell wurde vor allem aus studentischer Perspektive deutlich, dass das IPS für Studienanfänger*innen auch einen nicht zu vernachlässigen sozialen Stellenwert hat. Über zwei Semester verbringt man wöchentlich sechs Stunden mit immer den gleichen Kommiliton*innen. Nicht selten werden von Beginn an nachhaltige Freundschaften geknüpft, indem man auch außerhalb des IPS im universitären und privaten Rahmen Zeit miteinander verbringt. Sich gegenseitig zu unterstützen, zu lernen, was es bedeutet, in einer Gruppe Leistung zu erbringen und innerhalb des Seminars eine angemessene Diskussionskultur zu erlernen, all das macht unser IPS aus.

Vor allem während der mittlerweile zweitägigen Exkursion an den Niederrhein, welche unter dem Motto „Vom Sehen zum Verstehen“ alljährlich Studienanfänger*innen einen Kontrast zum Seminarkontext bietet, fiel im Frühjahr 2020 leider aus und wird auch im Frühjahr 2021 aller Voraussicht nach nicht stattfinden können.

Wir stellten uns die Frage, wie wir gerade diese sozialen, zwischenmenschlichen, kommunikativen Situationen im Online-Bereich auffangen können. Mit kreativen Lösungen, Kleingruppentreffen und und und …. Haben wir Möglichkeiten der Begegnung auch im digitalen Bereich geschaffen. Nicht so gut wie gewohnt. Aber eben anders gut. Und der allgegenwärtigen Situation angepasst.

Unser Fazit

Nach allen Herausforderungen der letzten Monate richtet sich unser Blick weiter nach vorn und vieles, was erarbeitet worden ist – auch gerade die digitalen Selbstlerneinheiten – werden definitiv nachhaltigen Einsatz in zukünftigen Seminarkonzeptionen finden.

Unsere gute Stimmung in der IPS-Task Force basiert wesentlich auf der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Dozierenden, Tutor*innen und den eTeam Digi-Mitarbeitern*innen des ZfW, aber auch auf den guten Erfahrungen aus den ersten IPS-Sitzungen mit unseren Studienanfängern*innen, die sich auf das gemeinsame Online-Abenteuer IPS mit uns neu eingelassen haben. Und es hat sich gelohnt!

Vor allem zeigt uns die aktuelle Situation auch, dass unser IPS mit all seinen Akteuren*innen flexibel ist und „fit für die Zukunft“. Nicht zuletzt dank von der RUB zur Verfügung gestellten technischen Mitteln und personellen Ressourcen, die uns unterstützten und mit Rat und Tat zur Seite standen.

Wir freuen uns bereits jetzt darauf, wenn wir zukünftig unsere Präsenzlehre mit all unseren (digitalen) Errungenschaften aus den vergangenen Monaten in einem didaktisch abgestimmten Mix aus Online- und Präsenzelementen gestalten können.

Und bezüglich der kleinen IPS-Jubiläumsfeier: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben – vielleicht feiern wir in diesem Jahr dann auch einfach 50+1 Jahre IPS! Die Flexibilität der Akteur*innen des Historischen Instituts und der RUB überhaupt, konnte ja im Jahr 2020 eindrucksvoll unter Beweis gestellt werden.