Wir können in einer virtual library Bücher, Artikel und Zeitschriften ausleihen, lehren in virtuellen Seminarräumen und besuchen virtuelle Museen, in denen wir mit virtueller Kunst interagieren. Auch an Universitäten wächst die Verbreitung dieser Instrumente und ihre Einsatzmöglichkeiten in Lehre und Forschung. Beispielsweise werden neue Experimente auf diese Weise erst einmal auch umwelt- und ressourcenschonend im virtuellen Raum erprobt. In über 20 Jahren E-Learning an der RUB ist eine große Bandbreite an digitalen Werkzeugen entstanden, die die Lehre maßgeblich geprägt, unterstützt und verändert haben.
Wie aber können wir sinnvoll und nachhaltig mit der Virtualität umgehen bzw. Umgangsweisen konzipieren und lehren, um Räume für Handlungen, Interaktion, Forschung und sozialwissenschaftlichen Austausch in der Lehre zu schaffen?
Virtuelle Phänomene und Anwendungen sind heute bereits allgegenwärtig und Teil unserer Erfahrungswelt geworden. Durch den Einsatz technischer Hilfsmittel können wir diese auch selbst produzieren. Außerdem kann Lehre durch digitale Unterstützung problemlos auch in kleinen, lokal und/oder global vernetzten Lerngruppen stattfinden.
Die Qualität eines Lernraumes im Virtuellen und Physischen beeinflusst nicht unerheblich die Lern- und Arbeitssituation der Studierenden. Eine positive Lernumgebung mit einer Lerninfrastruktur, die Studierende abholt und unterstützt, kann den Lehr- und Lernprozess entscheidend beeinflussen. Sie ergibt sich aus einem guten Zusammenspiel von Raum, Technologie und Didaktik.
Räume für das Lernen und Lehren
Der physische Raum
Hier befinden wir uns in den architektonischen Gegebenheiten unserer Universität. Wir erleben physische Lernräume visuell, akustisch und haptisch. Studierende können physische Lernräume durch ihre Sinne erfahren, sich durch diese bewegen und in ihnen handeln. Wir können sie anhand folgender Qualitäten und Typologien differenzieren:
- Die Art des Raums (z. B. Seminarraum, Hörsaal, Labor, Bibliothek),
- seine Ausstattung und Infrastruktur (z. B. technische Ausstattung und Vernetzung, Möblierung, Zugänglichkeit),
- seine Qualität und Atmosphäre (z. B. Lichtverhältnisse und Akustik) und
- die Verfügbarkeit (z. B. Einbettung in den Campus, Nähe zu anderen Räumen).
Die verschiedenen Lehr- und Lernmethoden stellen unterschiedliche Anforderungen an die physische Ausgestaltung eines Raumes. Wir stellen beispielsweise bei Gruppenarbeiten die Tische zusammen oder formieren sie in Hufeneisenform, wenn der Fokus auf einer gemeinsame Diskussion liegt, passen das Setting also der Kommunikationssituation im Raum an.
Der virtuelle Raum
Rein digitale Medienformate schaffen gänzlich neue Lernräume, in denen man sich auf anderen, neuen Ebenen mit dem Lerngegenstand, mit wissenschaftlichen Themengebieten, aber auch mit Kommiliton:innen und Lehrenden oder anderen Interessierten auseinandersetzt. Virtuelle Lernräume können Studierende nur mit einem digitalen Endgerät (z. B. mittels Computer, Smartphone, Tablet, Virtuellen Brillen) betreten. In diesen Lernräumen können beliebig viele Personen auf unterschiedliche Art und Weise ihren Lernfortschritt steuern, miteinander kommunizieren, erkunden, erfahren und kooperieren. Die Lernenden können – je nach gewähltem didaktischen Setting der Lehrenden – ihr eigenes Lerntempo wählen und sind dabei orts- und oft auch zeitunabhängig. Die Lehre oder die Vermittlung von Lehrgegenständen in rein virtuellen Räumen kann durch unterschiedlichste Technik ergänzt, erweitert und unterstützt werden. So sind z. B. Kleingruppenarbeiten in sogenannten Breakoutsessions möglich, Whiteboards können zur kollaborativen Arbeit genutzt werden oder digitale Instrumente zur (anonymen) Meinungs- oder Wissensstandabfrage kommen zum Einsatz. Das Themengebiet der virtuellen Räume ist vielfältig und kann kreativ ausgestaltet werden. Man denke in diesem Zusammenhang z. B. an die Unterstützung durch Augmented Reality (AR) oder Virtual Reality (VR), um simulierte Orte, Experimente, Lernszenarien oder virtuelle Ausstellungen zu besuchen und zu erkunden. Digitale Schnitzeljagden können durch Kunstgalerien oder historische Ausstellungen führen, komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge oder Aufbauten von Experimenten, Laboren und Bibliotheken können mittels virtueller Touren näher gebracht werden. Virtuelle Räumen können in der universitären Lehre für unterschiedlichste Lernziele eingesetzt werden; die ansprechende Gestaltung dieser Räume ist für die (gelingende) Vermittlung der Lehrinhalte ebenso unabdingbar wie die Entwicklung des didaktischen Konzepts rund um den Einsatz dieses Mediums.
Der hybride Raum
Wie die Bezeichnung hybrid schon verrät, handelt es sich hierbei um eine Mischform. In hybriden Lernräumen vermischen sich Präsenz- und Online-Angebote des Lernens. Ziel soll es dabei sein, Präsenzveranstaltungen durch virtuelle Elemente zu bereichern oder durch diese zu ersetzen. Auf diese Weise können wir Module beispielsweise raum-zeitlich flexibler gestalten. Hybride Lernräume präsentieren sich in ganz unterschiedlichen Modellen: Zum Beispiel können Lehrende in Blended Learning-Szenarien Online- und Präsenzsitzungen miteinander kombinieren oder Studierende in Form des Inverted oder Flipped Classroom-Modells in regelmäßig stattfindenden Präsenzveranstaltungen Lerninhalte, die sie sich im Vorfeld durch digital zur Verfügung gestelltes Material (z.B. Videos) angeeignet haben, vertiefen. Hier finden On-Campus (Präsenzveranstaltungen) und Off-Campus-Elemente (im virtuellen Lernraum) im Wechsel statt. Die Lehrenden entscheiden dabei individuell, wie groß der virtuelle Anteil in einem hybriden Raum ist.
Die Räume von Lehr-/Lernplattformen
Damit in virtuellen Lernräumen Lehr- und Lernprozesse überhaupt funktionieren können, ist eine technische Infrastruktur in Form von Lernplattformen notwendig. In diesem geschützten virtuellen Raum können wir Lernprozesse organisieren, planen, durchführen, prüfen und evaluieren. Um die Lernplattform in ihrer Gänze und Nachhaltigkeit nutzen zu können, sollten sich sowohl Lernende als auch Lehrende mit dem Aufbau und der Funktionsweise vertraut machen.
Lernfreundliche Lehrräume
Die Forderung nach einer lernfreundlichen Infrastruktur bezieht sich auf all die Lehrräume, die als Veranstaltungsort für Seminare und Vorlesungen dienen. Neben Seminarräumen stellt insbesondere auch die Bibliothek an Hochschulen für viele Studierende einen wichtigen Lernraum dar – so auch das neu eröffnete Schreibcafé unseres Schreibzentrums an der RUB.
Die lernfreundliche digitale Infrastruktur wollen wir bei uns an der RUB natürlich ebenso kontinuierlich erweitern und virtuelle und hybride Räume des Lehrens und Lernens schaffen, die eine Vielzahl von Lehr-/Lernformaten zulassen und unterstützen. So werden Blended-Learning-Konzepte umgesetzt und Präsenzveranstaltungen mit Online-Angeboten kombiniert, um die Qualität der Lehre zu verbessern und mit einem angepassten Methodenmix Studierende zu motivieren und in ihren individuellen Lebenslagen abholen zu können. Dabei spielen Kommunikation, Kooperation und Kollaboration eine immer entscheidendere Rolle, die nicht nur vom didaktisch-methodischen, sondern zunehmend auch von den Strukturen der Lehr-/Lernräume bedingt werden.
Gern wollen wir uns mit Ihnen zu diesem Themenkomplex weiter austauschen. Dazu werden wir in den nächsten Wochen einige Termine für eine Art “aktive Mittagspause” anbieten, nur nicht mit Sportprogramm ;-), sondern mit einer kleinen Ausstellung zum Thema und einigen Mitmachaktionen zu AR und VR in der Lehre. Nähere Infos dazu finden Sie ab der kommenden Woche auf unserer Webseite.
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