Am 13.12.2019 fand im UFO-Gebäude der Ruhr-Universität Bochum ein Design-Thinking-Workshop statt. Dieser richtete sich an Studierende aller Fachrichtungen und aller Fachsemester. Ziel war es, in einer möglichst heterogenen Gruppe Ideen zur Gestaltung des zukünftigen Landesportals zu entwickeln und zu diskutieren.

Wir wurden herzlich von der Seminarleitung Bianca Morales García und Jörg Miller begrüßt. Der bereits vorbereitete Raum mit Gruppentischen, Sitzkreis und Stauboxen, in denen sich jede Menge Stifte, Post-its, Klebeband und Papier in allen möglichen Farben und Größen befanden, weckten in uns gleich zu Beginn Neugier auf das, was uns erwartete. Die Gruppentische/Workstations waren passend zur Weihnachtszeit mit Obst und Gebäck dekoriert (von dem am Ende des Tages nicht mehr allzu viel übrig war).

Das Online-Landesportal für Studium und Lehre

Nach einer lockeren (und sehr unterhaltsamen) Kennenlernrunde, bei der es tatsächlich alle TeilnehmerInnen schafften, nicht nur die Namen, sondern auch eine persönliche Information zu jedem einzelnen zu behalten, stellten uns Frau Morales García und Herr Miller das Thema und das Ziel des Workshops mit einer Powerpoint-Präsentation vor. Mit einem Impulsvortrag brachte uns Frau Morales García die Kerngedanken des Landesportal-Projekts näher, das hochschulübergreifende Aktivitäten in NRW für Studierende und Lehrende an einem zentralen Ort bündeln, sichtbar und zugänglich machen sowie Informationen, Services und Lehr-Lernmaterial vorhalten wird.

Was ist Design Thinking?

Im Anschluss erfuhren wir von Herrn Miller, dass Design Thinking das Tun fokussiert und abstrakte Konzepte schnell in anfassbare Artefakte verwandelt. Es geht also ums (Neu-)Erfinden und Machen, um das gemeinsame Entwickeln von Ideen anhand von konkreten Nutzerbedürfnissen. Dabei werden drei Kernprinzipien zugrunde gelegt:

Design Thinking ist multidisziplinär, der Nutzer bzw. die Nutzerin steht im Fokus und man geht lernend nach vorne, was etwa bedeutet, dass frühes und häufiges Scheitern durchaus wünschenswert ist – eine Leitlinie, an die man sich erst einmal gewöhnen muss.

Doch was heißt das jetzt im Konkreten?

Mit dem sogenannten „Wallet Project“ lernten wir die Prinzipien des Design Thinking innerhalb kürzester Zeit kennen. Beim „Wallet Project“ geht es darum, in Zweierteams die ideale Geldbörse für den jeweiligen Teampartner zu entwickeln. Jeder bekam das Portemonnaie des Gegenübers in die Hand (allzu persönliche Dinge durften wir natürlich im Vorfeld herausnehmen) und sollte durch Durchforsten der Geldbörse und gezieltes Fragenstellen mehr über den Nutzer/die Nutzerin der Geldbörse herausfinden. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse sollten dann drei Innovationen entwickelt werden, um die Geldbörse des Teampartners zu verbessern. Dabei kamen ganz wunderbare, kreative Ergebnisse heraus, die wir anhand von Skizzen auf Papier an einer Wand festhielten. Dann präsentierten wir die Innovationen. Es war wirklich erstaunlich zu sehen, mit welchen praktischen und äußerst persönlichen Features wir diesen Alltagsgegenstand verbessern konnten: Zusatzfächer zur Kartenorganisation, USB-Ports, eingebaute Dockingstations, Stifthalter, Speicherkarten-Einschübe und das ganze manchmal in samtenen Stoff gehüllt für einen flauschigen Grip.

Nachdem wir ein Gespür dafür bekommen hatten, worum es beim Design Thinking geht, folgte eine Input-Phase.

Iteration und agiles Vorgehen

Agiles oder „bewegliches“ Vorgehen kommt aus der Softwareentwicklung und fokussiert sich vor allem auf einen flexiblen und besonders schlanken Entwicklungsprozess. In diesem Prozess bedeutet Iteration wiederum, dass bestimmte Prozessschritte auf der Basis neu gewonnener Erkenntnisse wiederholt bearbeitet werden. Hierbei handelt es sich um Rückkopplungseffekte, die sich in Projektphasen jederzeit ergeben können. Bereits erarbeitete Ergebnisse werden immer wieder hinterfragt und überprüft.

Dies zeichnet den gesamten Design-Thinking-Prozess aus, der aus den folgenden Schritten besteht: Verstehen, beobachten, Sichtweise definieren, Ideen entwickeln, Prototypen erstellen und testen.

Stark vereinfacht ausgedrückt ist Design Thinking ein strukturiertes Vorgehen, das analytische (Informationen sammeln, ordnen, auswerten, Muster ableiten) und intuitive Arbeitsweisen (Ideen generieren, Lösungen entwickeln, Annahmen formulieren) miteinander verbindet.

Nachdem wir uns ausgiebig über Sinn, Zweck und Konzept des NRW-weiten Online-Landesportals ausgetauscht hatten, wurden wir mit unserer Challenge konfrontiert. In Gruppen setzten wir uns mit den folgenden Fragenstellungen auseinander:

  • Wie können wir Online-Angebote auf der Plattform für Studierende attraktiv gestalten? Welche Funktionalitäten werden gewünscht?
  • Welche Unterstützungsangebote benötigen Studierende? Wie lässt sich durch diese Unterstützungsangebote die Akzeptanz des Portals erhöhen?

Doch erst eine kleine Pause… Coffee Thinking.

Die Challenge beginnt: Hands-on – Interviews mit Studierenden

Nach einem wohltuenden heißen Getränk konnten wir Jacken und Mäntel gleich anlassen, uns Klemmbrett und Stift (und Regenschirm) schnappen und uns ins Getümmel des Uni-Centers mischen, um eine Erhebung durchzuführen. Wir befragten unterschiedlichste Studierendengruppen (ein Vorteil des Uni-Centers, da sich dort RepräsentantInnen aus jeder Fakultät finden lassen), die uns in Kurzinterviews interessante Ideen zu den Inhalten und zur Gestaltung des Landesportals mitgeben konnten. Vielen Dank an alle, die mitgemacht haben!

Darf ich vorstellen: Das hier ist Carl und er hat schon eine recht konkrete Vorstellung von einem solchen Landesportal.

Zurück im Trockenen und Warmen des UFO erfuhren wir nun endlich, was es mit den dutzenden Post-it-Blöcken in den bunten Farben auf sich hatte. Mit diesen konnten wir nämlich einen gemeinsamen Ideen-Pool entwerfen und die Tafel des Seminarraums zukleistern. Ganz so unsystematisch und chaotisch wie es vielleicht klingen mag war es aber nicht, denn zuvor kreierten wir Personas von den Studierenden, mit denen wir ihre Bedürfnisse visualisieren konnten. Personas sind Nutzerprofile, die anhand von Beobachtungen und Befragungen entwickelt werden. Diese anonymisierten, aber wie aus dem wahren Leben gegriffenen Profile erlauben es, sich den Nutzer bzw. die Nutzerin konkret vorzustellen, sich in ihn/sie hineinzuversetzen, Lösungen für seine/ihre Probleme zu finden und seine/ihre Wünsche zu erfüllen.

Anschließend wählte jede Gruppe einen Aspekt aus, den sie im weiteren Verlauf des Workshops weiter ausarbeiten wollte. Die Wahl fiel auf mögliche Unterstützungsangebote zu Online-Kursen sowie auf die Idee, über das Landesportal mit anderen zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten.

Es wird ernst: Prototyping – mit Lego und Knete!

Jetzt sind wir in unserem Design-Thinking-Prozess bei Schritt fünf angelangt – dem Prototyping. Und zwar mit dem besten Modellierungswerkzeug, das es je gab. (Bei den Studierenden, die es das letzte Mal „ernsthaft“ in der Bastelstunde verwendet hatten, die etwas weiter in der Vergangenheit lag, war ein wesentlich größerer Spaßfaktor deutlich zu beobachten.)

Wir setzten also unsere Konzepte und Ideen, die wir in den Gruppen entwickelt hatten, in die Praxis um: „Design Doing – einfach machen!“, damit aus Design Thinking eine „begreifbare Realität“ entsteht. Ein wesentlicher Aspekt dieser Transformation ist, dass man sich nicht so sehr auf das Nachdenken konzentriert, sondern die Idee einfach umsetzt, ohne sich zu viele Gedanken über Voraussetzungen, mögliche Komplikationen und Rahmenbedingungen zu machen.

Für diejenigen Teilnehmer, die aus dem eTeam Digitalisierung des eLearning-Bereichs der RUB dabei waren, war es ein erfrischendes Erlebnis, den Weg einmal umgekehrt zu gehen, d. h. etwas, das einmal in digitaler Form existieren wird, auf analoge Art und Weise zu entwerfen.

Nachdem wir unsere Ideen mit Knete und Lego in etwas Anfassbares verwandelt hatten, wurden wir ausgestattet mit einem Fragen- und Feedbackkatalog noch einmal auf die Studierenden im Uni-Center losgelassen. Stolz präsentierten wir ihnen unsere Prototypen. Die Studierenden sollten uns mitteilen, ob ihnen die Prototypen gefielen, welche Wünsche noch offen stünden, welche Fragen oder zusätzliche Ideen sie hatten. (Auch an dieser Stelle sei den vielen Studierenden gedankt, die den mit Legospielzeug, Knetmännchen und Klemmbrett ausgerüsteten Workshop-TeilnehmerInnen im Regen mit Geduld, Neugier und Offenheit begegneten.)

Abschlusspräsentationen und Ergebnisse

In der Abschlussrunde präsentierte jede Gruppe auf einem Poster, zusammen mit der Knetfigur und/oder dem Legoszenario, ihre Umsetzung. Ich denke, dass wir viele gemeinsame Wünsche der Studierenden identifizieren und mögliche Lösungen erarbeiten konnten.

Die Gruppe, die sich mit den Unterstützungsmöglichkeiten befasst hatte, kam zu dem Ergebnis, dass unterstützende Angebote zu den Online-Kursen von den Studierenden besonders gewünscht werden. Hierbei sei eine persönliche, kostenlose und schnelle Hilfestellung von großer Bedeutung. Konkret könnte das bedeuten, dass etwa Tutoren per (Video-)Chat, E-Mail oder Telefon Fragen von Studierenden zu den Online-Kursen beantworten.

Die zweite Gruppe gelangte zu dem Schluss, dass das Vorhalten einer Kommunikationsplattform eine gute Idee wäre. Diese solle es ermöglichen, in geschlossenen Räumen mit einzelnen oder mehreren Personen zu chatten und Dokumente zu teilen. Denkbar wäre auch das Einrichten von hochschulübergreifenden Diskussionsforen, in denen sich Studierende über bestimmte Themenbereiche austauschen können. Positiv wurde auch die Idee bewertet, über diese Kommunikationsplattform virtuelle Nachhilfe oder ein Mentoren- bzw. Buddy-Programm aufzubauen.

Gemeinsam überlegten wir anschließend, ob eine Mediathek mit Lernvideos einen Mehrwert für Studierende hätte und wie diese aussehen könnte. Dies ist nicht nur eine Frage, die sich das Projektteam des Vorprojekts zum Landesportal stellte, sondern während der Interviews mit den Studierenden auf dem Campus wurde die Idee einer Mediathek mehrfach genannt, sodass es sich anbot, im Plenum darüber zu diskutieren. Dem Ergebnis der Diskussionsrunde zufolge wäre eine solche Mediathek ein Mehrwert, wenn sie Videos unterschiedlicher Länge vorhalten würde, die bestimmte Themen vertiefen und kleine „Lern-Happen“ darstellen würden. Die Mediathek sollte eine Suchfunktion und Filtermöglichkeit bieten, immer verfügbar sein und das Herunterladen der Videos ermöglichen. Die WorkshopteilnehmerInnen stimmten darin überein, dass die Videos qualitätsgesichert sein müssten, und betonten, dass auch von Studierenden erstellte Videos vorgehalten werden sollten.

Fazit

Bei diesem eintägigen, aber sehr intensiven, spannenden und dennoch lockeren und heiteren Workshop haben wir einen sehr guten Einblick in das Konzept des Design Thinking erhalten. Vieles von dem, was wir heute erfahren haben, können wir sicherlich in unsere oft kreativen und teambasierten Arbeitsfelder mitnehmen. Design Thinking lässt sich wunderbar auf unterschiedlichste Arbeitsprozesse übertragen, denn es ist eine sehr interessante Herangehensweise, um Probleme zu lösen, Ideen zu entwickeln und umzusetzen, wobei es Wege zu einer besseren und effizienteren Kommunikation innerhalb eines Teams öffnen kann. Besonders von der Erkenntnis, dass Lernprozesse (Iterationen) ein wichtiges, integrales Element des Fortschritts sind und nicht als hemmender Störfaktor aufgefasst werden, kann man in wohl so ziemlich allen Arbeits- und auch Lebensbereichen profitieren.

Vielen lieben Dank an Frau Morales García und Herrn Miller für die Gestaltung und Moderation dieses gelungenen Workshops! Wir haben sicherlich sehr viel mitgenommen (auch wortwörtlich, denn als kleines „Weihnachtspräsent“ gab es Bücher zum Design Thinking – auch dafür noch mal ein herzliches Dankeschön). Es hat uns sehr viel Freude gemacht zu diskutieren, auszuprobieren, anzuwenden, zu erforschen und zu erfahren. Und natürlich sind wir sehr gespannt und freuen uns auf das Online-Landesportal, das hoffentlich bald seine Pforten für uns Studierende öffnen wird.