Best-Practice-Konzept zur Vermittlung eines (fach)didaktisch sinnvollen Einsatzes

Autorin & Autor

Dominik Godt ist studentischer Mitarbeiter im Bereich eLearning (RUBeL) des Zentrums für Wissenschaftsdidaktik (ZfW) sowie bei der Professional School of Education (PSE). Neben dem Support für die Lernplattform Moodle, beschäftigt er sich mit dem (didaktischen) Einsatz digitaler Medien, wie z. B. dem interaktiven Whiteboard.

Dr. Nina Minkley ist akademische Rätin an der AG Verhaltensbiologie und Didaktik der Biologie. Neben der Ausbildung von Master of Eduction-Studierenden interessiert sie sich für Stressoren im (naturwissenschaftlichen) Unterricht und für Möglichkeiten zur Verbesserung von schulischer und universitärer Lehre.

© RUB, Schirdewahn

Spätestens seit dem DigitalPakt Schule, der im Mai 2019 in Kraft getreten und mit rund einer Milliarde Euro Fördermitteln die Digitalisierung von Schulen in NRW unterstützt, ist die Digitalisierung auch in der Lehrer*innenbildung in aller Munde. Doch wie können digitale Medien im Unterricht sinnvoll eingesetzt werden und wie kann Lehramtsstudierenden eben dies vermittelt werden? Frau Dr. Nina Minkley von der Fakultät für Biologie und Biotechnologie sowie der Lehramtsstudent und studentische RUBeL-Mitarbeiter Dominik Godt haben sich dazu intensiv Gedanken gemacht und diese im Rahmen eines Seminars umgesetzt.

Das interaktive Whiteboard in der Lehrer*innenausbildung

Ein digitales Medium, welches viele Studierenden aus der eigenen Schulzeit kaum kennen, ist  das so genannte interaktive Whiteboard. Inzwischen sind viele bereits an Schulen im Einsatz und ihre Anzahl wächst kontinuierlich. Wie sie jedoch didaktisch sinnvoll eingesetzt werden können, ist ein Aspekt, der häufig vernachlässigt wird. Viel zu häufig werden die Boards in Schulen als reine Projektionsflächen benutzt und das eigentliche didaktische Potenzial wird nicht (vollständig) ausgeschöpft.

[Sie interessieren sich allgemein für das Thema interaktive Whiteboards, deren Nutzen und Herausforderungen? Dann lesen Sie auch den entsprechenden Blog-Artikel „Das interaktive Whiteboard – Zwischen Potenzialen und technischer Spielerei?“ dazu.]

Das Konzept im Seminar „Medieneinsatz im Biologieunterricht“

In dem Seminar Medieneinsatz im Biologieunterricht der Fakultät für Biologie und Biotechnologie beschäftigen sich Frau Dr. Nina Minkley und ihre Studierenden im M.Ed. mit dem fachspezifischen Einsatz verschiedenster Medien, darunter auch digitale Medien wie Tablet, digitales Mikroskop und eben auch interaktives Whiteboard. Frau Minkley und Dominik Godt haben gemeinsam für das Wintersemester 2019/20 ein Lehrkonzept erarbeitet und erprobt, das technische Grundlagen und fachrelevante Möglichkeiten bei der Arbeit mit dem Whiteboard umfasst.

In Vorbereitung auf die Seminarsitzung haben sich die Studierenden „out of class“, ganz im Sinne des Inverted Classroom-Lehrmodells, mittels eines ca. 60-minütigen Online-Moodle-Kurses der Plattform digiLL (ein Verbundprojekt mehrerer universitärer Lehrerbildungszentren) allgemeine Grundlagen zum Thema interaktive Whiteboards angeeignet. Für offene Fragen und darauf aufbauenden, fachspezifischen Input bot sich eine anschließende Präsenzphase an. Zum Einstieg in die Seminarsitzung wurde zunächst das SAMR-Modell (Abb. 1) vorgestellt, auf welches im Verlauf der Sitzung immer wieder zurückgegriffen wurde.

Abb. 1: Das SAMR-Modell ist ein von Ruben Puentedura im Jahr 2006 entwickeltes Modell zur Analyse der technischen Integration im Schulunterricht.

Abb. 2.:  Die Beschriftung einer Schemazeichnung  entspricht der zweiten Stufe (Erweiterung). Zwei fachspezifische Beispiele am Whiteboard (Bildbeschriftung und Mind-Map) veranschaulichten in der Sitzung die ersten beiden Stufen des Modells (Ersetzung sowie Erweiterung).

Abb. 3: Verlauf des Unterrichtsbeispiels.

Danach begannen wir mit der zweiten Phase unseres Konzepts – das Best-Practice-Beispiel für den Biologieunterricht (Abb. 3), in Anlehnung an einen Beitrag von Bruckermann (2018).

Mit dem Online-Tool oncoo wurden die Voraussagen der Studierenden in der Rolle von Schüler*innen bezüglich einer ökologischen Fragestellung zunächst live am interaktiven Whiteboard gesammelt und geclustert (Abb. 4). Oncoo ist ein Projekt des Fachseminars Informatik am Studienseminar für das Lehramt an berufsbildenden Schulen in Osnabrück, welches kooperative Lernformen ermöglicht. Das Tool ermöglicht den Nutzer*innen mittels ihres eigenen Endgeräts Umfrage- sowie Multiple-Choice-Antworten oder Meinungen als digitale Kärtchen zu verschicken, welche anschließend zur Weiterverarbeitung verändert werden können (durch Farbgebung, Clustern, Verschieben, Löschen, Ergänzen usw.). Dieser Schritt entspricht der dritten Stufe: die Änderung.

Abb. 4: Kartenanfrage in oncoo.

Diese gesammelten Vorhersagen wurden anschließend nach Bruckermanns Vorbild in einem ökologischen Simulationsprogramm (SimBioSee[Link]) überprüft, die Ergebnisse mit den Vorhersagen abgeglichen und reflektiert sowie die Möglichkeit einer weiterführenden Bearbeitung im Unterricht besprochen (Arbeiten mit Screenshots des Programms, Verknüpfung mit den Vorhersagen u. ä.). Dies stellt die letzte Stufe des Modells dar, die der Neubelegung.

Bei den einzelnen Schritten der Seminarsitzung wurden auf der Metaebene immer die Zuordnungen zu dem SAMR-Modell besprochen sowie dessen Plus-, Schwach- und Kritikpunkte betrachtet. Am Ende der Seminarsitzung haben wir mit den Studierenden abschließend über das Best-Practice-Beispiel, die didaktischen Implikationen sowie allgemein über die Thematik interaktive Whiteboards im Lehreinsatz diskutiert und zuvor als Diskussionsgrundlage eine Abstimmung mittels oncoo durchgeführt.

Unser Fazit

Durch bereits früher durchgeführte Sitzungen, in denen das interaktive Whiteboard durchgenommen wurde, haben wir festgestellt, dass man sich zeitlich bedingt entweder im Stil eines Frontalunterrichts ausgiebig mit der technischen Seite eines solchen Boards beschäftigen kann (also technische Hintergründe sowie Funktionen) oder aber mit Studierenden fachspezifisch Anwendungsbeispiele erarbeiten kann – jedoch nur schwer beides zusammen. Allerdings ist für die Lehre beides von Bedeutung. Ohne technisches Hintergrundwissen, helfen darauf zugeschnittene didaktische Modelle nicht weiter und ohne didaktische Implikation besitzt man lediglich die Fähigkeit, ein interaktives Whiteboard zu bedienen, lässt dabei jedoch den Grundgedanken des Lehrens außen vor.

Da ein einmaliges Bedienen eines interaktiven Whiteboards ohnehin nur wenig gewinnbringend ist, denn eine sichere Handhabung bedarf kontinuierlicher Praxis, wollten wir mit unserem Konzept den Studierenden technisches Basiswissen mit auf den Weg geben, das durch den frei verfügbaren digiLL-Kurs immer wieder abrufbar ist. Außerdem wollten wir ein Beispiel für den (fach-)didaktisch sinnvollen Einsatz im Unterricht aufzeigen, das über die Stufe Ersetzung des SAMR-Modells hinausgeht.

Unserer Meinung nach ging unser Konzept grundsätzlich auf und verschaffte den Studierenden einen Einblick in das Potenzial des interaktiven Whiteboards mit Fachbezug, befähigte aber auch zu einem konstruktiv-kritischem Blick. Zudem kommt der Best-Practice-Inhalt dem Wunsch nach Praxisnäher der Studierenden nach.

Für zukünftige Veranstaltungen dieser Art möchten wir erreichen, dass ein stärkerer Fokus auf die Diskussion bezüglich der Vor- und Nachteile eines interaktiven Whiteboards im unterrichtlichen Kontext gelegt wird.