Tafeln – Seit Jahrhunderten halten sie Informationen fest: In der Antike dienten noch Stein, Ton, Wachs und Elfenbein als Grundlage. 1809 wurde die erste Tafel in den Vereinigten Staaten in Philadelphia in einer öffentlichen Schule eingesetzt. Seitdem traten die „Grüntafeln“ mit Kreide ihren Siegeszug durch Klassenräume und Universitäten an. Ihre einfache Handhabung macht sie zu einem echten „Evergreen“. Haben sie bald ausgedient?

1990 wurde das interaktive Whiteboard in den USA entwickelt und ist heute ein ernst zu nehmender Konkurrent. Bereits 2011 waren weltweit in jedem siebten Klassenraum interaktive Whiteboards im Einsatz. Bereits 2004 gab es eins in jedem vierten Klassenraum der Grundschulen im Vereinigten Königreich. Drei Jahre später konnte bereits jede Grundschule in England ein interaktives Whiteboard sein eigen nennen. Und in Deutschland?

Es ist zu vermuten, dass im Durchschnitt jede Schule gerade mal einen Fachraum hat, in dem genau ein Whiteboard steht und von einer Lehrkraft benutzt wird. Wie kann das sein? Um mehr darüber zu erfahren, haben wir Matthias Kostrzewa von der Professional School of Education (PSE) interviewt. Herr Kostrzewa arbeitet in der Lehrerbildung an der Ruhr-Universität Bochum als Digitalisierungsbeauftragter. Für ihn sollte Lernen „neu gedacht werden als Teil der Kultur der Digitalität“.

Die PSE ist für die Bildung, sowie Fort- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern an der RUB zuständig. Sie betreut u.a. die Praxissemester und die Organisation des M.ed. und entwickelt Strategien, Konzepte und Vorhaben der schul- und unterrichtsbezogenen Bildungsforschung u.v.m. Hier sind wir also an der richtigen Stelle, um etwas über den Praxiseinsatz digitaler interaktiver Tafeln zu erfahren.

„Das interaktive Whiteboard bietet enorme Potenziale, wenn es als interaktives Visualisierungsinstrument eingesetzt wird. Als reiner Tafelersatz ist das Whiteboard die Reinkarnation des Unterrichts des 19. Und 20. Jahrhunderts im digitalen Gewand.“

Multiprofessionalität ist gefragt. Die Schulen haben oft keine Experten vor Ort. Neben der Technik, die immer funktionieren sollte, sollen Berührungsängste abgebaut werden.“ – Kostrzewa

Foto: Christine Ruthenfranz

Kostrzewa patscht mit der flachen Hand einmal kräftig auf das Smartboard hinter ihm. Sie halten also ganz schön was aus! Vertrautheit im praktischen Umgang basiert auf Regelmäßigkeit, die oft fehlt.

In Deutschland werden die Whiteboards positiv aufgenommen. Durch den „Digialpakt Schule 2019-2024“ für eine bessere digitale Ausstattung an Schulen steht Nordrhein-Westfalen bis 2024 ca. eine Mrd. Euro zur Verfügung (https://www.land.nrw/de/pressemitteilung/nordrhein-westfalen-unterzeichnet-verwaltungsvereinbarung-digitalpakt-schule-2019.)

Zurzeit sind 180 Medienberaterinnen und Medienberater des Landes als Ansprechpartner*innen für Schulen und Schulträger zu Schulentwicklung in der digitalen Welt tätig. Ihre Beratungsangebote umfassen:

+ Medienkonzeptentwicklung

+ lernförderliche IT-Ausstattung und deren Anwendung

+ kommunale Medienentwicklungsplanung

Kostrzewa gab gemeinsam mit Dominik Godt (studentische Hilfskraft bei der PSE und dem ZfW) im letzten Semester allein vier Seminare zur Nutzung des Whiteboards, in denen der souveräne Umgang mit der Technik erlernt wird.

Stecken wir also in einer Fortbildungskrise? Es käme auf die Schulleitung an (u.a.), denn gelungene Beispiele für die Implementierung des Whiteboards im Unterricht gibt es, aber:

„Die Schulen müssen in die Breite gehen; Leuchttürme nützen nichts.“

Dabei liegen die Vorteile der Whiteboards doch scheinbar auf der Hand, denn, so Kostrzewa weiter:

„Mathematik lässt sich hervorragend visualisieren, ebenso Erdkunde und die Naturwissenschaften; auch das Fach Geschichte hat inzwischen sehr gute Projekte gestartet. Sie bieten Raum für Spontanität, Erinnerungen können zurückgeholt werden, Schüler*innen – und natürlich auch Studenten*innen – können aktiviert und motiviert werden.“

Neben den didaktischen Vorteilen müssen dennoch ebenso etwaige Nachteile erwogen werden: So kosten Whiteboards zwar so viel wie eine Wandtafel, doch hält letztere mindestens fünfzig Jahre und die Whiteboards vielleicht zehn; Lizenzen müssen jährlich erneuert werden und wer kümmert sich um die Updates? Lehramtsstudierende stünden den Whiteboards aus eben genannten Gründen kritisch gegenüber und seien mit ihnen überfordert. Einige sehen darin den „Frontalunterricht“ gestärkt und verbinden dies mit einem Nachteil. All diese Felder werden kontrovers diskutiert. Der erfolgreiche Einsatz interaktiver Whiteboards hängt also von den Lehrenden ab. Relevant wäre hier, bereits in der Lehrerausbildung den Umgang mit dem Smartboard zu erlernen.

Whiteboard in der Praxis auf einen Blick

Die Vorteile

  • Das Whiteboard vereint Beamer, OHP, Diaprojektor und Medienwagen (TV+DVD) in einem Gerät
  • Dynamisches Tafelbild mit Möglichkeit für spontane Änderungen
  • Einfaches Einbinden von Bild, Video, Ton und Hyperlinks im Tafelbild
  • Bessere Vor- und Nachbereitung der Tafelbilder möglich
  • Veröffentlichen/Verteilen von Tafelbildern als PDF über das Internet
  • Einmaliges Digitalisieren von Offlineinhalten ermöglicht dauerhafte, flexible Verwendung (d.h. Lerninhalte und Profileinstellungen können z.B. auf USB-Stick oder Online gespeichert werden)
  • Aktualität durch Zugriff auf das Internet (z.B. Nachrichten für den Politikunterricht)
  • Zeitinvestition für das Erstellen von Unterrichtseinheiten zahlt sich aus (Nachhaltigkeit von Unterrichtseinheiten)
  • Bessere Veranschaulichung durch das Verwenden der Präsentationstools (z.B. zwei Karten überlappen und dessen Gemeinsamkeiten unter Einsatz von Transparenz verdeutlichen)
  • Aktivierung der Teilnehmer durch neue Technik
  • Benutzen von beliebiger PC-Software an der Tafel (z.B. andere Lernsoftware)

Die Nachteile

  • Schattenwurf (Rückwandprojektion = kein Schatten, Kurzdistanzbeamer = sehr wenig Schatten, normale Projektion = unbrauchbar)
  • Einführung und Einarbeitung in Hard- und Software nötig
  • Digitalisieren der „Offline-Inhalte“ (Dia → JPG, VHS → AVI, …)
  • Eignet sich nicht bei spontanen Notizen (Beamer und Rechner einschalten)
  • IWBs müssen gewartet werden (Filter, Beamerlampe, Software-Updates)
  • Kein Platz für Nebennotizen. Lösung: Es können extra Flügeltüren am IWB montiert werden.
  • Technische Probleme und es ist fehleranfälliger als die „klassische Tafel“ (z.B. Beamerlampe/-filter, Stromausfall etc.)
  • Probleme bei Lichteinstrahlung (Sonneneinstrahlung)

(Quelle: Interaktive Whiteboards im Unterrichts: https://moodle.ruhr-uni-bochum.de/m/course/view.php?id=5272&section=0)

Fortbildung

Wenn Sie daran interessiert sind, die Potenziale der Whiteboards für Ihre Lehre auszuschöpfen, bietet Ihnen der Online-Kurs „Interaktive Whiteboards im Unterricht“ übersichtliches und profundes Know-How, von ersten Schritten über Einsteiger bis hin zu Fortgeschrittenen werden Sie anhand zahlreicher Best-Practice-Beispiele bei der Anwendung im Unterricht und in Sachen Urheberrecht für den Lehralltag fit gemacht.

Und falls Sie noch Fragen oder Anregungen zum Thema Whiteboard haben, melden Sie sich einfach bei Matthias Kostrzewa, Professional School of Education oder bei Dominik Godt, Zentrum für Wissenschaftsdidaktik, Bereich eLearning und besuchen Sie doch den OER Kurs.

Außerdem bietet die Veranstaltung „eBoards: Technik, Funktionen, Software sowie didaktische Potentiale“ von RUBeL auf Anfrage eine Einführung in Bedienung der an der RUB verwendeten eBoards, sowie der dazugehörigen Software. Sie erhalten Einblicke in die Anwendungsmöglichkeiten. Für größere Gruppen vereinbaren wir auf Anfrage gerne auch individuelle Termine: rubel@rub.de und ralf.otto@rub.de.