Texte schreiben mit Künstlicher Intelligenz – auch in der Hochschullehre?

Laptop und Buch mit Anzeichen für Künstliche Intelligenz

Spätestens seit der Veröffentlichung von ChatGPT Ende letzten Jahres werden die Einsatzmöglichkeiten textgenerierender Künstlicher Intelligenz (KI) heiß diskutiert – sei es zum Schreiben von Gedichten, Programmiercodes oder Seminararbeiten. Doch bevor wir nach schnellen Antworten suchen, wie wir mit textgenerierender KI in der Lehre umgehen wollen, sollten wir uns Gedanken darüber machen, welche Fragen wir eigentlich stellen müssen.

„Hallo! Ich bin eine KI und in letzter Zeit habe ich mein Wissen und meine Fähigkeiten erweitert, um noch mehr für die Menschen zu tun! Meine Hauptfunktion ist es, Menschen bei ihren täglichen Aufgaben zu unterstützen, indem ich für sie eine Fülle an Informationen beschaffe und analysiere. Mein Ziel ist es, Menschen dabei zu helfen, effizienter arbeiten zu können, indem ich ihnen meine Fähigkeiten zur Verfügung stelle.“

Dieser Text ist nicht – wie es derzeit in Nachrichtenartikeln und Blogbeiträgen sehr beliebt ist – von ChatGPT generiert worden, der KI, die aktuell aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit überall für Schlagzeilen sorgt. Stattdessen stammt sie von Jasper.AI, einem Tool, das schon seit Januar 2021 auf dem Markt ist. OpenAI, das Unternehmen hinter ChatGPT, veröffentlichte das den meisten Tools zugrunde liegende Sprachmodell GPT-3* schon im Mai 2020. Das bedeutet: Textgenerierende KI ist nicht erst seit der Veröffentlichung von ChatGPT ein drängendes Thema. Die Implikationen, die sich für das wissenschaftliche Schreiben (nicht nur!) an Hochschulen ergeben, zeichnen sich schon seit Längerem ab. Deshalb setzt sich seit Anfang 2022 ein Teilprojekt von KI:edu.nrw dezidiert mit der Frage auseinander, wie KI-Schreibtools sich auf das Lehren und Lernen an der Hochschule auswirken werden. Als eines der ersten Projekte, das diese Tools in den Blick nimmt, leistet KI:edu.nrw hier Pionierarbeit.

Veränderungen durch neue Technologien

Während kurzfristig die Sorge im Vordergrund steht, dass Studierende solche KI als ‚Ghostwriter‘ für Hausarbeiten nutzen und sich damit womöglich – so die Befürchtung – Leistungsnachweise erschleichen, müssen langfristig die grundlegenden Veränderungen durch NLG** (Natural Language Generation) in den Blick genommen werden – in der Lehre, aber auch in der wissenschaftlichen Praxis. Neue Technologien können bestimmte Teilaufgaben erleichtern, das Auslagern von Prozessen an Maschinen kann Zeit freisetzen für andere Aufgaben. Man denke an den Taschenrechner, der ganz ähnliche Diskussionen ausgelöst hat: Brauchen wir noch Kopfrechnen, wenn ein Computer das übernehmen kann – umso mehr in der heutigen Zeit, in der jede:r einen transportablen Rechner in der Tasche trägt? Können wir dann andere Kompetenzen, wie das Problemlösen, stärker fokussieren? Aber was verlieren wir, wenn wir diese Kompetenz nicht mehr selbst erlernen?

KI-basierte Schreibtools in der Hochschullehre

Die gleichen Fragen müssen wir uns für das Schreiben in der Wissenschaft stellen. Texte sind immer noch das grundlegende Medium, über das wir uns in der Wissenschaft miteinander (und mit uns selbst) verständigen – sei es durch Paper, Monographien, Notizen, Laborberichte oder Forschungstagebücher. Das Schreiben ist dabei nicht nur Kommunikationsmittel, sondern oft auch Forschungsinstrument oder -methode. Welche Funktionen hat das Schreiben in der Wissenschaft – auch fachspezifisch? Die Antwort wird sehr unterschiedlich ausfallen, je nachdem, ob man eine Medizinerin, einen Erziehungswissenschaftler, eine Bauingenieurin oder einen Philosophen fragt. Aber nur über eine Reflexion dieser Fragen lässt sich herausfinden, wie der Einsatz von textproduzierender KI sinnvoll gestaltet sein kann. Dabei lässt sich die Überlegung, wie man mit solcher KI in der Lehre umgehen soll, nicht davon trennen, wie diese im wissenschaftlichen Alltag genutzt werden wird: Welche Kompetenzen brauchen Studierende, um sich in ihrem Fach zu sozialisieren und zu professionalisieren?

Das Thema drängt – OpenAI kündigte an, dass GPT-4 bereits in den nächsten Monaten erscheinen soll. Aber es ist wichtig, sich von den Fortschritten der Technologie nicht zu unüberlegtem Aktionismus hinreißen zu lassen. Explorieren und ausprobieren, was sich mit diesen Tools machen lässt, ist ebenso wichtig wie eine grundlegende Reflexion darüber, warum, wann, wo und wie wir schreiben, und an welchen Stellen in diesen Prozessen KI förderlich oder hinderlich sein kann. Darin liegt auch die große Chance dieser „disruptiven Technologie“: sich diese Fragen noch einmal grundlegend zu stellen.

Wenn Sie weiteres Interesse an dem Thema haben, wenden Sie sich gerne direkt an Nadine Lordick (nadine.lordick@rub.de).

Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen!

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Nach oben