Ein Resümée des letzten OERcamps
Wir werfen einen Blick zurück: Vom 24. bis zum 26. Oktober 2022 fand in Hamburg das OERcamp statt, d. h. eine Tagung zu freien Bildungsmaterialien (Open Educational Resources, OER, s. a. Blogbeitrag über OpenRUB | OpenRUB-Portal) im Barcamp-Format. Ein Barcamp ist eine interaktivere Form einer Tagung, bei der die Teilnehmenden vor Ort Themen einbringen und Sessions dazu anbieten. Beim OERcamp geht es vor allem darum, dass sich OER-Praktiker:innen aus allen Bildungsbereichen austauschen und vernetzen.
Das OERcamp wurde bereits vor zehn Jahren ins Leben gerufen und spielte eine wichtige Rolle darin, das Thema OER in Deutschland bekannter zu machen. Neben Expert:innen, die sich seit Jahren mit dem Thema OER beschäftigten und das Thema vorantreiben, bietet das Zusammentreffen ebenso Programmpunkte für Neueinsteiger:innen und Interessierte. Auch wir vom OER-Team der RUB waren schon häufig mit dabei. Im letzten Jahr haben wir sowohl online als auch vor Ort an der Tagung teilgenommen und konnten viele Eindrücke davon gewinnen, was die Community derzeit bewegt.
Als Erstellerinnen und Nutzerinnen von OER-Materialien möchten wir im Anschluss an das OER-Camp darstellen, welche Chancen, aber auch Herausforderungen OER für die Bildung an deutschen Hochschulen mit sich bringen.
Freie Bildungsmaterialien sind unserer Meinung nach für die Entwicklung einer dynamischen, offenen Lehr-/Lernkultur essenziell. Denn durch digitales Teilen unter offenen Lizenzen ermöglichen Ersteller:innen Einsicht in ihre Lehre und Forschung. Neben dem Austausch von Materialien innerhalb einer Institution fördert die Offenheit auch eine größere Reichweite an Lernenden. Lehrmaterialien können so von Ihnen zum Eigenbedarf genutzt oder auch von anderen Lehrenden für ihre eigene Lehre wiederverwendet werden. Großes Potenzial liegt darin, dass Inhalte an soziale, kulturelle und sprachliche Bedürfnisse angepasst werden können.
Deutschland hat eine OER-Strategie
Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat auf die Bildungsagenda 2030 der UNESCO reagiert und 2022 eine OER-Strategie veröffentlicht. Diese beschreibt die aktuelle Lage von OER in Deutschland und benennt Handlungsfelder, die den Einsatz von OER in allen Bildungsbereichen fördern.
Die OER-Strategie konzentriert sich dabei auf folgende fünf Handlungsfelder:
- OER-Kompetenz pädagogischer Fachkräfte verankern und aufbauen,
- neue Kooperationen entwickeln,
- technische Grundlagen und Strukturen für OER und OEP (Open Educational Practices) etablieren,
- Innovation und lernortübergreifende Bildung mit OER unterstützen,
- OER mit nutzerzentrierter, anwendungsorientierter und vernetzender Forschung begleiten.
Ziel des BMBF ist es, durch konkrete Fördermaßnahmen ein nachhaltiges Ökosystem mit unterschiedlichen Akteur:innen zu entwickeln. Dieses soll bundesweit die Produktion und die Verwendung von OER zu gesellschaftlich zukunftsweisenden Kernthemen und Bildungsinhalten vorantreiben sowie weiterentwickeln.
Während des OER-Camps und danach wurde die OER-Strategie diskutiert, bearbeitet und ergänzt. Die Ergebnisse stehen allen Interessierten zur Einsicht zur Verfügung: Hier.
Vor welchen Herausforderungen stehen wir in Deutschland? Eine kritische Betrachtung aus nationaler Perspektive
Dennoch bleiben viele Herausforderungen und Hindernisse, die einer Integration von OER in die Bildungspraxis im Wege stehen – vor diesen stehen natürlich auch viele Hochschulen.
Beispielsweise wurde beim OER-Camp in der Podiumsdiskussion „Deutschland hat eine OER-Strategie – und nun?“ deutlich, dass die Tradition des Teilens in den Bildungsinstitutionen noch nicht verankert ist (https://youtu.be/xF6RvsFfiHs). Viele Materialien sind noch immer hinter Paywalls, Passwörtern und anderen Schranken verborgen, an der RUB beispielsweise in vielen verschlossenen Moodlekursen. Dies kann verschiedene Gründe haben. Doch sie alle beschränken die Kultur des Teilens und den freien Zugang zu Lehr-/Lernmaterialien, die OER ausmachen.
Zwar gibt es bundesweit inzwischen viele OER-Projekte und Plattformen. Gleichzeitig fehlt es dadurch aber auch an Einheitlichkeit und erschwert den Überblick bei der Suche sowie Auswahl von OER. Ebenso hapert es bei der Anbindung an die lokalen Arbeitsumgebungen. Technische Integrationen, die einen nahtlosen Übergang zwischen OER-Sammlungen und Lernplattformen ermöglichen, fehlen noch. Auch lassen sich vorhandene Materialien nicht so ohne Weiteres per Knopfdruck in OER verwandeln.
Warum trotzdem OER? – Lehre und Lernen bereichern
Um OER dauerhaft und nachhaltig in der Bildungspraxis zu etablieren, müssen also noch einige Hürden genommen werden. In den Diskussionen beim OER Camp zeigte sich, dass OER die herkömmlichen Bildungsmethoden weder ersetzen können noch ersetzen sollen. Das sagte auch Walter Hirche (https://youtu.be/h90tw0hmJmA), ehemaliger Präsident der Deutschen UNESCO-Kommission, in einem Interview beim OERcamp. Sie können jedoch die bestehende Bildungspraxis ergänzen und bereichern, wodurch sie einen wichtigen Bestandteil gerade in der digitalen Lehre darstellen. In diesem Prozess müssen zwangsläufig einige Hindernisse und Herausforderungen überwunden und gemeistert werden. Inzwischen sind daher an Hochschulen viele Unterstützungsangebote entstanden, so auch an der Ruhr-Universität das OER-Team bei uns im Zentrum für Wissenschaftsdidaktik mit der eigenen Plattform OpenRUB und im Land NRW mit dem Netzwerk ORCA.nrw. Alle Lehrenden und Studierende der RUB können auf diese Angebote zurückgreifen und Unterstützung in Anspruch nehmen.
Auch wir bemerken einen Zuwachs an Interessierten und Praktiker:innen, die Community wächst und immer mehr Angebote und Materialien werden geteilt. Wir sind uns darüber bewusst, dass die Herausforderungen nicht von heute auf morgen beseitigt werden können. Trotzdem wollen Menschen Teil der offenen und freien Bildung sein und daran arbeiten, den Gedanken von OER zu fördern und in die Welt hinauszutragen. Wie das aussieht, erfahren Sie in unserem nächsten Blogbeitrag.
Wollen Sie mehr über OER erfahren? Haben Sie vielleicht Lehr-/Lernmaterialien, von denen andere profitieren können? Sprechen Sie uns gerne an. Wir freuen uns immer über neue Inhalte für OpenRUB und ORCA.nrw. Hier geht es zu unserem Angebot: E-Learning-Webseite zum Thema OER
In eigener Sache: Wer hat Lust auf einen OER-Stammtisch?
Für das SoSe 2023 werden wir erstmalig einen OER-Stammtisch anbieten. Zu den Inhalten, dem Treffpunkt und beteiligten Personen werden wir zeitnah auf unserer Homepage weitere Infos veröffentlichen. Sollten Sie interessiert sein, können Sie sich sehr gerne bereits jetzt unsere Termine für den Stammtisch notieren:
25.04.: 16-17 Uhr | 23.05.: 16-17 Uhr | 20.06.: 16-17 Uhr
Wir freuen uns auf Sie!
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