Die Tagung „Inverted Classroom and beyond“ ist die Zusammenkunft der deutschsprachigen Inverted Classroom-Begeisterten. Dieses Jahr wurde sie nicht nur mit dem Tag der Lehre an der Universität Paderborn verbunden, sondern wurde auch anlässlich des 50. Jubiläums der Universität Paderborn von der Uni ausgetragen. Das übergreifende Motto war „Student engagement – aktive Teilhabe von Lernenden in Studium und Schule fördern“. Die Tagung fand rein digital via Zoom statt und beinhaltete viele verschiedene Veranstaltungen, verteilt auf zwei Tage. Wir, Sarah Becker und Ann Kristin Beckmann, nahmen im Zuge unserer Arbeit als studentische Mitarbeiterinnen im eTeam Digitalisierung mit einem eigenen Beitrag daran teil.
Das Projekt: Ein inverted Classroom an der RUB
Das Projekt, das wir während des Vortrags vorstellten, war die Umsetzung eines Inverted Classroom-Moodle-Kurses. Die Vorlesung „Ökonomie und Raum“, die von Herrn Prof. Matthias Kiese jedes Wintersemester durchgeführt wird, wurde von Frau Dr. Neudecker und uns um einen Medienkurs erweitert, der die Studierenden bei der Vorbereitung auf die synchronen Sitzungen via Zoom und die Klausur unterstützen sollte.
Der Inverted Classroom ist eine Lehrmethode, bei dem die klassischen Elemente der Lehre umgedreht werden. Die Wissensvermittlung findet zuhause in Einzelarbeit statt. Hier eignen sich die Studierenden in Selbstlernphasen durch Texte, Videos oder Aufgaben Wissen an, das anschließend in der Präsenzsitzung vertieft und diskutiert wird. Die Sitzungen mit den Lehrenden und Studierenden dienen damit nicht mehr vorrangig der Wissensvermittlung, sondern der intensiveren Auseinandersetzung mit den Materialien und der Förderung erweiterter wissenschaftlicher Kompetenzen.
An dieser Methode orientiert sich auch die Vorlesung von Herrn Prof. Kiese. Den Studierenden stehen Vorlesungsaufzeichnungen und Wiederholungsfragen zur Verfügung, die sie vor den synchronen Sitzungen durchgehen und die dann im Plenum und in Kleingruppen besprochen werden. Ergänzt wurde das Ganze im Wintersemester 21/22 erstmals durch den Medienkurs. Dieser beinhaltete neben den Videos noch darüber hinausgehende Elemente.
Im Sinne des Microlearning (eine Lehrmethode, bei der Informationen in kleinere Einheiten unterteilt werden), wurde eine Vorlesungsaufzeichnungen mit 90 Minuten auf mehrere Videos zwischen 10 und 20 Minuten heruntergebrochen. Die Videos wurden anschließend mit dem Interactive Video des Moodle-Plugins H5P mit interaktiven Elementen versehen. Ergänzt wurde dies durch zusätzliche Quizze und Self-Assessments, in denen die Studierenden ihren Wissensstand überprüfen konnten. Die Quizze wurden ebenfalls mit H5P umgesetzt, während die Self-Assessments klassische Moodle-Tests waren, die eine Prüfungssituation bis zu einem gewissen Grad simulieren. Die Videos und Quizze wurden wöchentlich im Voraus zu der jeweiligen Sitzung freigeschaltet. Mithilfe der Fortschrittsbalken in Moodle erhielten die Studierenden eine Übersicht über ihren Kursfortschritt. Gamifiziert wurde der Kurs durch das Plugin Level-up. Die Teilnehmenden des Kurses sammelten durch den Abschluss von Aktivitäten Erfahrungspunkte und stiegen nach dem Erreichen einer gewissen Punktezahl ein Level auf.
Frage im Interactive Video
Level Up
Der Vortrag: Ein RUB-Projekt in Paderborn
Unser Pecha Kucha-Vortrag war der letzte Beitrag des runden Tisches „Praxisimpulse aus der Hochschullehre I“ am ersten Tagungstag. Zuvor hatten bereits Mitarbeitende verschiedener Fachhochschulen und Universitäten in Deutschland und Österreich ihre Projekte aus unterschiedlichen Fachbereichen vorgestellt. Der Titel unseres Vortrags lautete „DIY (=Do It Yourself): Inverted Classroom interaktiv & gamifiziert“. Wir stellten konkret den Kurs, seine Inhaltstypen und gamifizierten Elemente vor und fokussierten uns dabei auf die Aufbereitung für die Studierenden. Und das Ganze in 6:40 Minuten.
‚Warum ausgerechnet 6:40 Minuten?‘, fragen Sie sich jetzt vielleicht. Der Vortragsstil Pecha Kucha kommt aus dem Japanischen. Das Wort bedeutet so viel wie „dauernd quatschend“ oder „Geplauder“, und dementsprechend verhält es sich auch im Vortrag. Ein solcher Vortrag dauert in der Regel genau 6:40 Minuten. Die Präsentationsfolien, die das Gesagte visuell unterstützen und – wenn überhaupt – nur wenig Text beinhalten, werden für jeweils 20 Sekunden angezeigt. Insgesamt gibt es 20 Folien, und so kommt man auf die angegebene Zeit. Um trotzdem genug Informationen vermitteln zu können, muss die ganzen 6:40 Minuten durchgehend geredet werden. Wenn man einen solchen Vortrag das erste Mal macht, ist das gar nicht so leicht, da es wichtig ist, sich auf die wichtigsten Dinge zu fokussieren, aber trotzdem genug ins Detail zu gehen, damit die Zuhörenden den Inhalt verstehen und Interesse entwickeln. Und auch für unseren Vortrag war das eine Herausforderung, denn man hätte genauso gut die ganzen 120 Minuten des runden Tisches über das umfangreiche Projekt und dessen Umsetzung sprechen können.
Wir brachen deshalb das Projekt auf die wichtigsten Elemente herunter und gingen auf die Videos, Quizze und Self-Assessments sowie die gamifizierten Elemente ein. Der Fokus lag dabei auf dem Aspekt des DIY – do it yourself. Damit bezogen wir uns nicht nur darauf, selbst einen solchen Moodle-Kurs zu erstellen, sondern auch, die Studierenden mit Hilfe dieses Kurses zum eigenständigen Lernen zu animieren. Der Medienkurs selbst konnte freiwillig genutzt werden; es gab keinerlei Verpflichtung durch den Dozenten, den Kurs zu absolvieren. Dennoch wurde es wärmstens empfohlen, die Angebote zu nutzen, um sich auf die Sitzungen und auch auf die schwere Klausur am Ende des Semesters vorzubereiten. Insofern waren nur die Videos verpflichtend, als dass sie grundlegend für die anschließende Sitzung im Plenum waren. Ob man sich dafür aber die ganze Vorlesung oder die geschnittenen und interaktiven Videos anschaute, war letztlich freigestellt.
Ganz im Sinne von „Do it yourself“ war hier deshalb Selbstregulation das Stichwort. Die Videos sollten zwar zu den Präsenzsitzungen vorbereitet werden, im Rahmen einer Woche war es aber möglich, das Pensum und das Tempo eigenständig zu bestimmen. Dies wurde durch die Unterteilung in mehrere kurze Videos sowie thematisch zusammenfassende Quizze unterstützt. Die Vorbereitung auf die Präsenzsitzungen war den Studierenden überlassen. Um diesen zu helfen, bei der eigenständigen Einteilung des Lernmaterials trotzdem den Überblick zu behalten, wurden im Kurs Fortschrittsbalken verwendet. Auf diese Weise konnten die Studierenden erfassen, welche Lerneinheiten sie bereits erfolgreich abgeschlossen haben und welche noch fehlten. Wer mochte, konnte den Medienkurs aber auch nur zur Prüfungsvorbereitung benutzen und sich mittels der Quizze und Self-Assessments überprüfen. Zu diesem Anlass gab es auch einen finalen Selbsttest, in dem die Studierenden ihren Wissenstand von allen Lektionen überprüfen konnten. Wichtig war es, den Studierenden die Eigeninitiative zu ermöglichen, sie in ihrem eigenständigen Lernen aber auch zu fördern und zu unterstützen.
Die Evaluation zeigte, dass die Mehrzahl der Studierenden die Freiwilligkeit des Medienkurses befürwortete und diesen auch regelmäßig im Semester nutzte, um sich auf die Plenumssitzung vorzubereiten. Allerdings war auch zu beobachten, dass mit dem Näherrücken der Klausur noch mehr Studierende den Medienkurs zur Prüfungsvorbereitung verwendeten. Insgesamt wurde das Gesamtangebot des Medienkurses von den Studierenden in zufriedenstellender Menge genutzt.
Bei der Gamifizierung, die zur Förderung der Motivation dienen sollte, indem sie Erfolgserlebnisse bot, spaltete sich die Meinung der Studierenden in der Evaluation. Die spielerischen Elemente in den Quizzes, Kreuzworträtseln und Videos wurden befürwortet, das Sammeln von Erfahrungspunkten für das Level-Up System wurde sehr gespalten von den Studierenden bewertet. Dennoch wird dieses System in den zukünftigen Durchläufen der Veranstaltungen bestehen bleiben.
Nach dem Vortrag blieb nicht mehr viel Zeit, um Fragen zu stellen. Es zeigte sich allerdings, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer besonders an dem Level up-System interessiert waren. Hierzu gab es besonders viele Nachfragen, zu der technischen Seite und der Auffassung der Studierenden über das System. Das visuell ansprechende Plugin erschien vielen Lehrenden sehr vielversprechend.
Unsere Autorinnen aus dem eTeam Digitalisierung
Sarah Becker
Ann Kristin Beckmann
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