Digitale Lehr- und Lernumgebungen ansprechend gestalten
Ein Erfahrungsbericht aus studentischer Sicht
Die Relevanz von E-Learning im digitalen Zeitalter …und in Zeiten von Corona
Wer an der Ruhr-Universität Bochum studiert, wird im Laufe der Semester einer Vielzahl an Moodle-Kursen hinzugefügt und dürfte aufgrund dessen prompt feststellen, dass ihre jeweilige Aufmachung sich höchst unterschiedlich darstellen kann. Moodle ist DIE Lernplattform, die nicht nur auf unserem Campus, sondern weit darüber hinaus in über 100.000 Bildungseinrichtungen auf der ganzen Welt zum Einsatz kommt. Durch die Bereitstellung der virtuellen Kursräume wird das Ziel verfolgt, kooperatives Lehren und Lernen unter anderem mittels verschiedener E-Learning-Elementen zu fördern und zu unterstützen. Nicht zuletzt haben sowohl die Corona-Pandemie als auch die damit einhergehenden Online-Seminare uns die enorme Bedeutsamkeit von E-Learning-Szenarien einmal mehr vor Augen geführt und ihre akute Dringlichkeit von jetzt auf gleich erhöht.
Um die Qualität des E-Learnings in den Kursen weiter auszubauen, hat unsere Uni seit vielen Jahren ein wertvolles Studienmodul im Angebot, von dem Lehrende und Studierende gleichermaßen profitieren. Das Modul eTutoring im Optionalbereich bietet die Chance, sich anhand einer diffundierten Qualifizierungsphase sowie eines daran anschließenden Berufsfeldpraktikums die Kunst des Gestaltens von E-Learning-Elementen auf sämtlichen Ebenen anzueignen. Hierbei wird nicht nur das Erlernen aller technischen Kompetenzen angestrebt, sondern gleichermaßen pädagogische und (auto-)didaktische Ansätze integriert, die die Leitidee des selbstregulierten Lernens sowie der Nachhaltigkeit von Wissen und Bildung miteinschließen. Ich weiß das so genau, denn ich habe im WS 2020/21 das Modul belegt und damit meine ersten eigenen praktischen E-Learning-Erfahrungen gesammelt.
Mein persönliches Bestreben
Vor meiner Qualifizierung zur eTutorin vertrat ich zwei konträre Standpunkte in Bezug auf die Einrichtung von Moodle-Kursen. Einerseits stimmte es mich missmutig, dass die Lernplattform des Öfteren vorrangig als reine Lehrmaterial-Cloud herhalten musste, obwohl sie in Sachen kreatives Lehren und Lernen umfassend Raum zur Entfaltung bietet. Demgegenüber wurde ich kontrastierend zu dieser Feststellung in regelmäßigen Abständen mit anregenden E-Learning-Elementen wie konstruktiven Wissensquizzen und wertvollen Bildungsvideos begeistert, die jedoch wiederum mein grundlegendes Empfinden der unausgeschöpften Potenziale auf Moodle aufs Neue bestätigten. Heute bin ich mir darüber im Klaren, dass die digitale Aufbereitung von Lehr- und Lernmaterialien einen erheblichen Einfluss auf die Qualität eines Kurses nimmt und ihr aufgrund dessen gar nicht ausreichend genug Aufmerksamkeit zuteilwerden kann. Denn E-Learning bietet meines Erachtens gerade auf motivationaler Ebene ein enormes Potenzial, um Studierende und Autodidakt:innen in ihrem Lernprozess zu unterstützen, ihnen ein selbstreguliertes Lernen zu ermöglichen und das im Kurs angeeignete Wissen zu aktualisieren, auszubauen, zu festigen und zu überprüfen. Durch die unmittelbaren Rückmeldungen findet eine extrinsische Motivierung statt, die den Lernprozess vorantreibt und eine unterstützende Lernumgebung manifestiert. Didaktisch sinnvoll eingesetztes E-Learning ist somit in meinen Augen eine bereichernde Erweiterung des konventionellen Frontalunterrichts und der analogen Seminarsitzungen.
Die Zukunft von Lehre mitgestalten
Ich wurde also eTutorin für die Seminare Ausgewählte Klassiker und Mittelalterliche Heldenepik II und durfte mein frischerworbenes Wissen nach regelmäßigen Rücksprachen unmittelbar zur praktischen Anwendung bringen. Nach einem sehr ergiebigen Semester und zum Ende der Qualifizierungsphase hin ermutigten die Betreuer unseres Moduls meine Kommiliton:innen und mich dazu, gemeinsam mit unseren Dozierenden ein zukunftsorientiertes Projektkonzept für das Sommersemester 2021 beim RUBeL-Wettbewerb 5×5000 einzureichen.
Herr PD Dr. Michael Ott und ich kamen dieser Aufforderung sehr gerne nach und entwarfen für die Begleitübung des Grundkurses Germanistische Mediävistik ein Kurskonzept mit einer vorab festgelegten Ausrichtung.
Denn Ziel der Begleitübung war und ist es fortwährend, den teilnehmenden Studierenden, ergänzend zur Ringvorlesung, die Grundkenntnisse der mittelhochdeutschen Sprache zu vermitteln und mit ihnen gemeinsam einen allgemeinen Überblick über kanonische Werke und Gattungen der Literatur um 1200 zu erarbeiten. Es sollten Übersetzungs- und Lesekompetenzen angeeignet werden, die als zukünftiges Forschungswerkzeug dienen. Des Weiteren sollten Sekundärtexte behandelt werden, die einen ersten Einblick in das Forschungsfeld der Mediävistik gewähren. Unter dem Titel Mediävisitisches Varieté: Eine Bühne für die mittelalterliche Sprache und Literatur reichten wir unser gedankliches Ideenkonstrukt ein, wobei das Hauptaugenmerk stets auf einer puristischen Umsetzung lag.
Klasse statt Masse
Da seit dem Sommersemester 2020 durch die Umstellung auf reine Online-Lehre, Moodle allerorts kein ausschließlicher Ablageort für Dateien, sondern ein Kernelement universitärer Lehre darstellte, vertraten wir die Ansicht, dass das Layout der Moodle-Kurse, ihre Übersichtlichkeit und Strukturierung, diesem Status noch hinterherhinkte – oder sagen wir: definitiv ausbaufähig war. Wir bemühten uns, das zu ändern und verfolgten die Vision, aus dem Moodle-Kurs zur Einführung in die Mittelaltergermanistik eine Bühne zu kreieren, auf der sich die Materialien, Tools, Themen und Aufgaben übersichtlich und zugänglich präsentieren. Durch den Einsatz gezielter E-Learning-Elemente sollte in unserem Kurs eine motivationale Lernumgebung geschaffen werden, die das selbstgesteuerte Lernen bestmöglich fördert, Kompetenzen ausbaut und den Lernprozess stetig und abwechslungsreich unterstützt. Wichtig war uns hierbei insbesondere die Qualität dieser Tools und nicht deren reine Quantität.
Und das Schönste an unseren Bemühungen war, dass wir tatsächlich zu den Gewinnerprojekten des 27. Durchgangs des 5×5000-Wettbewerbs zählten! Hier sehen Sie Herrn PD Dr. Ott und mich mit der Siegerurkunde des Wettbewerbs sowie eine Kurzbeschreibung unseres Projektes.
Unser Leitmotiv der Nachhaltigkeit
Um E-Learning-Elemente zu erstellen, die eine überdurchschnittlich gute Qualität vorweisen und einen bedeutenden Mehrwert für den Lehr- und Lernprozess mit sich bringen, bedarf es guter Vorbereitungen und Know-how im Umgang mit den Tools. Es wäre schade, wenn diese oftmals sehr gewinnbringenden E-Learning-Elemente nur einer begrenzten Zahl an Studierenden für nur einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung gestellt werden würden. Denn die Erarbeitung der digitalen Einheiten sind unsererseits mit viel Mühe, didaktischer Zielverfolgung und Herzblut entstanden. Deutlich sinnvoller und somit nachhaltiger erschien es uns daher, E-Learning-Elemente nach einem bestimmten Konzept zu erstellen, das dazu dient, deren Inhalt zu konservieren und einen Einsatz zeitlich losgelöst und bezugsgruppenunabhängig zu ermöglichen. Mit dieser Intention kreierten wir gemeinsam mit Mitarbeiterinnen des RUBeL-Teams einen OpenRUB-Kurs unseres Gewinnerprojekts, der nun allen Interessierten freizugänglich zur Verfügung steht. Das Lehrprojekt ist auf die Lehrstoffsicherung ausgelegt. Dank seines puristischen Layouts kann es semesterübergreifend eingesetzt werden und trägt somit zur Nachhaltigkeit des Lehrbetriebes bei. Die Tools und interaktiven Elemente speisen den motivationalen Lernprozess, wodurch das Interesse und der Spaß an der Mediävistik gefestigt werden. Das optimierte Konzept kann der Vereinheitlichung aller Grundkurse und als modellhaftes Beispiel für kommende Semester dienen.
Unseren offenen und frei zugänglichen OER-Kurs Begleitübung: Grundkurs Germanistisches Mediävistik können Sie gerne bei OpenRUB einsehen.
Was nun? Nun mache ich weiter E-Learning!
Nach der Absolvierung des Moduls, meiner erfolgreichen Ausbildung zur qualifizierten eTutorin sowie dem Gewinn des 5×5000-Projektes gemeinsam mit Herrn PD Dr. Ott und der Umwandlung des Kurskonzeptes in einen offenen und freien Kurs auf der Plattform OpenRUB, hat mich das Thema E-Learning im Lehreinsatz nicht mehr losgelassen. Seit dem letzten Winter arbeite ich als studentische Mitarbeiterin im Projekt eTeam Digitalisierung im E-Learning-Team der RUB und berate und unterstütze Lehrende unserer Universität beim Einsatz digitaler Elemente in der Lehre und biete mit großer Freude und Engagement für Studierende praktische Workshops „rund um den Online-Kosmos“ an unserer Uni an.
E-Learning-Szenarien als Beitrag zur Inklusion: Ein Ausblick
Meine Arbeit im E-Learning-Bereich ermöglicht mir, meiner inneren Überzeugung zu folgen und die gleichberechtigte Bereitstellung und Teilhabe von Bildung und Wissen voranzutreiben, sie zum einen für die jeweiligen Bezugsgruppen zugänglich zu gestalten und zum anderen für folgende Generationen zu konservieren. Beim Fördern und Fordern von Lernenden in den notwendigen Kompetenzen wird mir darüber hinaus die Möglichkeit geboten, meiner Kreativität Ausdruck zu verleihen. Einen Schwerpunkt in meiner Arbeit im eTeam Digitalisierung habe ich aktuell auf das Thema der barrierefreien Gestaltung von Lehr- und Lernmaterialien legen können. Zu diesen Themen biete ich auch Workshops für Studierende der RUB an. Ich verspreche mir, diesen Erfahrungsschatz in meiner weiteren Inklusionsarbeit mit Personen mit Beeinträchtigung eine besondere Wertigkeit und Bedeutung zukommen lassen zu können und sein Einsatzgebiet umfassend zu erweitern, um seinen Ertrag und Nutzen bestmöglich zu maximieren.
Ich freue mich, wenn auch Sie Interesse an unseren Angeboten haben. Kommen Sie bei Fragen einfach auf uns zu. Wir vom eTeam Digitalisierung aus dem Zentrum für Wissenschaftsdidaktik unterstützen und betreuen Sie gerne bei der Umsetzung Ihrer Projekte und stehen Ihnen beratend und „hands on“ zur Seite.
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