Am 28. und 29. Oktober fand der Digitalgipfel der Bundesregierung in Dortmund statt. Das Motto: „(Platt-)Form die Zukunft“, das Thema also: Plattformen. Klar – dazu haben wir auch etwas zu sagen. Schließlich koordiniert das ZfW aktuell das Vorprojekt für ein Online-Landesportal für Studium und Lehre der nordrhein-westfälischen Hochschulen, also die zentrale Plattform, auf der hochschulübergreifende E-Learning-Aktivitäten in NRW gebündelt werden sollen. Dieses Portal könnte dank der dichten NRW-Hochschullandschaft einmal das größte seiner Art in Deutschland werden. Aufgrund der Arbeit an diesem Großprojekt wurde also auch das ZfW zum Digitalgipfel eingeladen.
Alle Lebensbereiche verändern sich durch die Digitalisierung. Das ist auch in der Hochschullehre deutlich zu spüren. Die Ruhr-Universität ist dafür ein gutes Beispiel, wie in den Jahren 2016-18 die intensive Arbeit an einer Digitalisierungsstrategie für die Lehre zeigte. In allen Fakultäten fand damals eine Überprüfung der Lernziele statt, d.h. inwieweit Studieninhalte und wissenschaftliche Methodik infolge der Digitalisierung angepasst werden müssen. Zugleich wurde intensiv darüber nachgedacht, welche neuen didaktischen Möglichkeiten sich – auch fachspezifisch – durch die Digitalisierung ergeben.
Die Erfahrungen an einer Volluniversität wie der RUB bestätigen, was für den Digitalgipfel der Bundesregierung den Ausgangspunkt bildete: „Digitalisierung betrifft uns alle – Unternehmen wie Bürgerinnen und Bürger, Wissenschaft wie Gesellschaft“, heißt es auf der zentralen Gipfel-Homepage. Der Digitalgipfel soll deswegen einmal jährlich eine Plattform bilden, auf der alle gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure hierüber in einen Austausch treten können.
Neben Politikerinnen und Politikern sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft saßen auch recht viele Professorinnen und Professoren auf den Gipfel-Podien (LINK zum Programm). Allerdings: Die Folgen der Digitalisierung für die wissenschaftliche (Aus-)Bildung war kein ausdrückliches Thema. Lediglich der zweite Gipfeltag bot eine halbstündige Session unter der Überschrift „Digitale Plattformen: Quantensprung für die Bildung der Zukunft?!“ Auf dem Podium saß hier u.a. Anja Karliczek als Bundesministerin für Bildung und Forschung. Der Schwerpunkt des Gesprächs lag allerdings auf der Schul- bzw. Berufsschulbildung.
Für die Hochschulen trat für einige Minuten zumindest das Hochschulforum Digitalisierung in Erscheinung, dessen Mitarbeiter Florian Rampelt von einem Vertreter des BMBF die Förderbewilligung für das Projekt eines KI-Campus überreicht wurde. Ziel des Projekts ist eine Lernplattform zum Thema KI, die Fachkräftemangel in diesem Bereich entgegenwirken und dabei speziell auch mit Blick auf Bedarf der Wirtschaft ausgerichtet werden soll. Ohne Frage ein spannendes Projekt, doch aus Hochschulperspektive lässt sich nicht übersehen, dass keine Hochschule zum wirtschaftsnahen Trägerkonsortium zählt. Hochschulbildung und Digitalisierung: Das war insgesamt kein bedeutsames Thema des Digitalgipfels, der unter Federführung des Bundeswirtschaftsministeriums organisiert wird.
Und dennoch: Persönlich gesprochen, war die Teilnahme am Digitalgipfel auf jeden Fall eine Bereicherung, und zwar vielleicht gerade aufgrund seiner Hochschulferne und der Möglichkeit, den Umgang mit diesem Thema aus ganz anderen Perspektiven als der akademischen zu betrachten. Die Unternehmenspräsentationen aus unterschiedlichen Wirtschaftszweigen, Diskussionen zum Stand beim Netzausbau und natürlich die keynote von Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigten jedenfalls, dass es sowohl an Ideen als auch an Herausforderungen nicht mangelt.
Viel Anlass zum Nachdenken bot auch der traurige Höhepunkt des Digitalgipfels. Nach seiner Auftaktrede am zweiten Gipfel-Tag stürzte Wirtschaftsminister Altmaier durch einen Fehltritt von der Bühne, verlor für kurze Zeit das Bewusstsein und verletzte sich. Die Veranstaltung musste unterbrochen, der Saal geräumt werden. Unmittelbar nach dem Ereignis twitterten die ersten Gipfelteilnehmer/innen von dem Ereignis, Nachrichtenagenturen griffen die Meldung auf. Schon kurz darauf fanden sich auf Twitter erste hämische Kommentare, Gegenreaktionen folgten: Sollte man nicht ohne Ansehen der Parteizugehörigkeit jedem Menschen, der sich verletzt, einfach gute Besserung wünschen?
Digitalministerin Dorothee Bär positionierte sich mit starken Worten gegen die Schadenfreude und Beleidigungen im Netz: „Wir brauchen gar nicht über digitale Plattformen zu diskutieren, wenn uns die Menschlichkeit abhanden kommt“ – so (sinngemäß) ihre Worte. Eine starke Aussage, die man auch in die Hochschulen mitnehmen kann und in all die dortigen Plattform-Projekte, in denen nicht Maschinen, sondern Menschen arbeiten. Erfolg werden all diese hochkooperativen Projekte nur haben, wenn sie auch auf einer menschlichen Ebene funktionieren. Wir glauben nach unseren ersten Schritten auf dem Weg zu einem Online-Landesportal: Da liegt NRW gut im Rennen. Und nutzen die Gelegenheit für einen Dank an alle Kooperationspartnerinnen und –partner für die Zusammenarbeit im vergangenen Jahr, die in erster Linie durch viele intensive, aber respektvolle Aushandlungsprozesse geprägt war.
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