Lebenslanges Lernen ist einer der Begriffe, die seit einigen Jahren die Bildungsdiskussion prägen. Die rasanten Veränderungen in vielen Bereichen der Arbeit führen dazu, dass man das Wissen, das man zu Beginn der Berufstätigkeit erworben hat, ständig erweitern muss. Im Bereich E-Learning ist das schon lange gang und gäbe, wenn man technologische Entwicklungen nicht “verschlafen” möchte. Deshalb schauen wir im Team natürlich immer nach dem neuesten Forschungsstand und den Trends im E-Learning.
Man kann das lebenslange Lernen aber auch noch ein wenig umfangreicher betreiben, indem man im eher fortgeschrittenen Alter noch einmal ein Studium aufnimmt. Den Wunsch, speziell etwas im Bereich E-Learning zu studieren, hatte ich schon länger. Als ich (vor sehr vielen Jahren…) das Abitur in der Tasche hatte, gab es einen Studiengang mit dieser Ausrichtung noch gar nicht. Da wäre die Wahl entweder Pädagogik (noch ohne digitale Lehre) oder aber Informatik gewesen (das dann natürlich ohne didaktische Ausrichtung). Aber seit einigen Jahren hat sich auf dem Gebiet sehr viel getan, und so gibt es mittlerweile einige Angebote zu “Digital Education”.
Die Absicht eines berufsbegleitenden Studiums und die tatsächliche Durchführung, das sind aber noch mal zwei sehr unterschiedliche Dinge. Jeder kennt das bestimmt von sich selbst: “Man müsste wirklich mal…” denkt man häufig, aber dann kommen doch Beruf und Familie zuerst, und es bleibt bei dem Wunsch. So war es viele Jahre auch bei mir. Also traf es sich ganz gut, dass ich bei einem Besuch der “Edudays” an der Donau-Universität in Krems in Niederösterreich in meiner Tagungsmappe einen Prospekt zum Weiterbildungsstudiengang “eEducation” fand. Also schnell mal auf die Webseite schauen und unverbindlich Infomaterial anfordern! Vielleicht wäre es auch dabei geblieben, wenn ich nicht eine E-Mail bekommen hätte, dass ich die Möglichkeit hätte, an dem einen Monat später startenden Durchgang teilzunehmen. So blieb mir gar keine Gelegenheit mehr, mir selbst dieses Vorhaben doch noch auszureden. Einige Tage (und diverse Formulare) später konnte ich mich wieder “Studentin” nennen.
Und ich habe die Entscheidung nicht bereut! Denn neben der Tatsache, dass ich nun einen M.A. in “eEducation” habe, konnte ich jede Menge Erkenntnisse sammeln und vieles selbst erleben, was ich in Beratungen normalerweise nur theoretisch weitergebe.
Wichtigste Erfahrung: Der Ansatz des Blended Learning, also der Verzahnung von Online- und Präsenz-Phasen, den wir im eLearning-Team seit vielen Jahren propagieren, war auch für mich als Studentin das Mittel der Wahl. Natürlich blieb auch mein Studium nicht von Corona verschont, und so war die zweite Hälfte rein digital. Grundsätzlich ist der Studiengang aber für Blended Learning konzipiert, was bedeutet, dass wir uns zu Beginn alle zwei Monate tatsächlich in Krems in Präsenz getroffen haben. Und das hat für mich einen Riesen-Unterschied gemacht! Auf diese Weise hatte ich das Beste aus beiden Welten: Online-Lehre, die sich wunderbar mit meiner Berufstätigkeit verbinden ließ, aber auch persönliche Kontakte und gegenseitige Motivation in den Präsenzphasen. Und natürlich auch “echtes Studi-Leben” bei Kneipenbesuchen und auf Volksfesten ;-). Niederösterreich ist zwar von uns aus nicht gerade schnell zu erreichen, aber die vielen Stunden im Zug haben sich dennoch ausgezahlt, denn ich habe es als großen Vorteil empfunden, mal ganz raus aus dem Alltag zu sein und sich komplett auf das Studium konzentrieren zu können. Und die Gegend um Krems brachte trotz vollgepackter Studientage auch immer etwas Urlaubsfeeling.
Meine zweite Erkenntnis: Gruppenarbeit ist wichtig und kann sogar Spaß machen. Während der Schulzeit und im ersten Studium eher ungeliebt und lästig, fühlt sich Gruppenarbeit doch anders an, wenn alle “erwachsen” sind und Berufserfahrung haben. Ganz am Anfang, als wir uns alle noch nicht so gut kannten, war es schon noch etwas schwieriger, aber nachdem wir untereinander herausgefunden hatten, wer welchen Arbeitsstil hat, war jede Gruppenaufgabe wirklich kreativ, spannend und gewinnbringend. Von kleinen Webdesign-Aufgaben bis hin zu einer umfassenden Projektarbeit war alles dabei, und die erworbenen Kompetenzen (auch im Bereich Organisation und Zusammenarbeit) sind für den Beruf enorm wichtig und hilfreich. Das war natürlich auch schon in meinem ersten Studium so, aber seit ich “älter und weiser” bin, weiß ich es halt erst zu schätzen ;-).
Was war schwierig? Sich nach einem 8-Stunden-Tag, den ich jobbedingt ja ohnehin fast ausschließlich am Rechner verbringe, abends noch einmal aufzuraffen und “Hausaufgaben” zu machen, natürlich ebenfalls digital. Und den größten Stress hat mir meine allererste Hausarbeit bereitet. Zum einen der Zweifel “kann ich das überhaupt noch nach all den Jahren?”, zum anderen das sehr merkwürdige Gefühl, plötzlich wieder von jemandem bewertet zu werden und Noten zu bekommen.
Was bleibt übrig? Erst einmal natürlich der Abschluss! Aber darüber hinaus so viel mehr: der Stolz darauf, die eigene Komfortzone verlassen zu haben; die Erkenntnis, dass man es immer noch schaffen kann, 80 Seiten wissenschaftlichen Text zu verfassen, wenn man es nur will; viele nette Bekanntschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Und nicht zuletzt viele neue Theorien, Methoden und Tools im Bereich E-Learning, für deren Aneignung im normalen Berufsalltag einfach die Zeit fehlt.
Um Corona auch einmal etwas Positives abzugewinnen: Zumindest hat es mir ein sehr aktuelles Masterarbeitsthema beschert, nämlich “Hochschullehre und COVID-19: Gelingende Kommunikation und Kollaboration in Distance Education-Szenarien”. An dieser Stelle gilt mein Dank vor allem meinen Interviewpartner*innen, die alle Lehrende der RUB waren. Die offene und herzliche Atmosphäre in allen Interviews war toll, und die Ergebnisse haben mir nicht nur in Bezug auf die Masterarbeit geholfen, sondern bieten mir auch darüber hinaus viel “Futter” und Anknüpfungspunkte für meinen Job.
Ja, ich habe auch mal geflucht – wenn eine Deadline anstand, und nicht zuletzt in den letzten Tagen der Masterarbeit. Aber ich würde mich jederzeit wieder für das Studium entscheiden. Und gegenüber dem Jodeldiplom war es eindeutig die bessere Wahl! 😉
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