Ob Open Data, Big Data, Datafication oder Data Science: Immer häufiger hören wir in unserer Lebens- und Arbeitswelt in verschiedenen Zusammenhängen den Begriff Daten. Oft werden wir mit Daten in Form von Zahlen oder Graphiken in Radio oder Zeitung konfrontiert. Die Erhebung und Erfassung von Daten scheint die Folge schlechthin der digitalen Transformation zu sein, denn, der Digitalisierung sei Dank, werden Daten praktisch ununterbrochen gesammelt; ob wir davon wissen oder nicht.
Für gewöhnlich sollen die erhobenen Daten einen ganz konkreten Nutzen bringen, sei es für ein bestimmtes Unternehmen oder für die Allgemeinheit. Denn die Auswertung von Daten liefert neue Erkenntnisse und macht Sachverhalte leichter zugänglich – aber wie steht es eigentlich um unser eigenes Verständnis von Daten und unserer Kompetenz im Umgang mit diesen? Der sachgerechte und auch kritische Umgang mit Daten und deren Organisation, Analyse und ggf. Veröffentlichung oder Weiterverbreitung werden zu relevanten Skills.
Die Fähigkeit, Daten zu lesen als zukünftig grundlegende Kompetenz
Das Lesen und Schreiben lernen wir in der Schule bereits in der ersten Klasse. Diese Fähigkeiten bilden zwei der grundlegenden Kompetenzen, welche uns langfristig die Teilhabe an Kultur und Gesellschaft ermöglichen. Expert:innen aus den Bereichen Bildung und Wissenschaft, u. a. aus dem Stifterverband, gehen davon aus, dass der Umgang mit Daten zukünftig ähnlich wichtig wird wie die Lese- und Rechtschreibkompetenz (vgl. dafür die unterschiedlichen Statements von Expert:innen in dem YouTube-Video „Data Literacy Education an Hochschulen: Die Wettbewerbsjury“) – als Data Literacy wird diese zukünftige Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Ein aktuelles Beispiel lässt sich im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie finden: Täglich werden wir über verschiedene Informationskanäle mit Daten zu der Virusausbreitung konfrontiert und besonders zu Beginn der Pandemie hörten wir immer wieder, dass valide Aussagen über Ansteckungsrate oder Impfstoffwirksamkeit nur getroffen werden können, wenn mehr Daten erhoben werden (nachzulesen in einem Beitrag von der Statistikerin Katharina Schüller auf der Plattform des Hochschulforums Digitalisierung). So werden Daten zwar gesammelt und an die Öffentlichkeit herangetragen, doch um Daten zu verstehen und diese kritisch zu hinterfragen, werden Kompetenzen im Umgang mit Daten benötigt: „Bürgerinnen und Bürger müssen datenliterat werden“ (Ebeling und Roth-Grigori, 2020a, S. 19).
Was genau wird nun also unter Data Literacy verstanden?
Data Literacy fasst die Fähigkeiten, „Daten auf kritische Art und Weise zu sammeln, zu managen, zu bewerten und anzuwenden“ (Ridsdale, et al., 2015), zusammen. Erst vor einigen Jahren tauchte der Begriff im deutschsprachigen Raum im Rahmen der Publikation European e-Competence Framework der Europäischen Kommission auf und wurde vom Hochschulforum Digitalisierung in Zusammenarbeit mit dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft durch nähere Befassung mit dem Thema eingegrenzt und für den Hochschulkontext greifbar gemacht. Mehrere Teilkompetenzen soll Data Literacy miteinander verknüpfen, angefangen vom Erfassen und Sammeln von Daten, über das Analysieren von Daten, bis hin zur Datenanwendung, welche auch die kritische Einordnung von Datenergebnissen, die sogenannte Datenethik, umfasst (vgl. Ebeling und Roth-Grigori, 2020).
[Klicken zum Vergrößern]
Abbildung: Kompetenzfelder und Teilkompetenzen des Data Literacy Frameworks im Prozessmodell der Daten-Wertschöpfung , Markus Armbruster, CC BY-SA 4.0, Ursprungsort: Schüller, K., Busch, P., Hindinger, C. (2019). Future Skills: Ein Framework für Data Literacy – Kompetenzrahmen und Forschungsbericht. Arbeitspapier Nr. 47. Berlin: Hochschulforum Digitalisierung. DOI: 10.5281/zenodo.3349865 (S. 34)
Einer Studie der kanadischen Dalhousie University zufolge, bildet Data Literacy eine zentrale Kompetenz in allen Bereichen und Fachdisziplinen (vgl. Ridsdale, et al., 2015) und wird somit zunehmend auch für solche Fächer und Disziplinen relevant, deren Grundlage auf den ersten Blick nicht Zahlen und Werte sind. „Durch den digitalen Wandel ist die Wissenschaft im Umbruch und vor neue Herausforderungen gestellt. […] So gilt es zum Beispiel, immer größere Datenmengen zu verwerten und Arbeitsprozesse an die sich wandelnden wissenschaftlichen Methoden sowie Analyse- und Darstellungsverfahren anzupassen. Damit dies gelingen kann, ist ein neues Maß an Datenkompetenz bei allen Beschäftigten im Forschungsprozess gefragt“ (Ebeling und Roth-Grigori, 2020b, S. 3).
Insofern stellt sich zunehmend die Frage, wie Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich Data Literacy vermittelt werden können und welche Rolle dabei die Hochschulen einnehmen.
Data Literacy an Hochschulen fördern
Studierende aller Fächer sollen die Möglichkeit bekommen, Data Literacy zu erwerben, so lautet das Ziel des Förderprogramms „Data Literacy Education“ der Heinz Nixdorf Stiftung und des Stifterverbands. (Zum YouTube-Video wie oben.)
Die drei Partneruniversitäten der UA-Ruhr werden bereits im Rahmen des Programms gefördert, um Lern- und Lehrkonzepte zu Data Literacy zu entwickeln und zu etablieren (hier nachzulesen). Es bedarf neben thematisch angepassten Weiterbildungen auch der Neustrukturierung von Studiengängen, um den sich verändernden Bedingungen gerecht zu werden, die durch den digitalen Wandel an uns herangetragen werden (vgl. Ebeling und Roth-Grigori, 2020b, S. 3). Im Rahmen der Programmförderung wurde hierzu an der RUB das Projekt „Data.Literacy@RUB“ (hier) ins Leben gerufen, welches in einem dreistufigen Lehr- und Lernkonzept aus Basis-, Vertiefungs- und Forschungsmodul Studierenden ein grundlegendes Verständnis und Basiskompetenzen im Umgang mit Daten vermitteln soll (vgl. Schwarz, et al., 2020). Hierfür arbeiten Fakultäten und zentrale Einrichtungen an der RUB eng zusammen; so sind neben dem fakultätsübergreifenden Methodenzentrum auch Lehrende aus unterschiedlichen Fakultäten daran beteiligt, Studierenden Data Literacy-Kernelemente zu vermitteln und sie für Themen aus diesem Bereich sowohl aus ihrer eigenen Disziplin als auch fachübergreifend zu sensibilisieren. Die RUB bietet mit ihrem Data-Literacy-Projekt also bereits verschiedene Angebote für Studierende, Kompetenzen im Umgang mit Daten zu erlernen oder zu vertiefen.
RUB unterzeichnet Data Literacy Charta
Kürzlich hat unsere Universität mit zahlreichen weiteren Hochschulen und anderen Institutionen die Data Literacy Charta des Stifterverbands unterzeichnet, um die Wichtigkeit und Relevanz vom kompetenten Umgang mit Daten hervorzuheben. Sie bezieht damit Stellung zum Thema und erkennt die Bedeutung von Datenkompetenz im Bildungsprozess an. Mehr dazu im News-Bereich der RUB.
Hinterlassen Sie einen Kommentar
Sie müssen angemeldet sein um einen Kommentar zu schreiben.